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  • AutorenbildWalter Gasperi

77. Locarno Film Festival: "Sauvages" – Animations-Perle auf der Piazza Grande

Aktualisiert: 17. Aug.

Acht Jahre nach dem Oscar-nominierten Stop-Motion-Animationsfilm "Mein Leben als Zucchini" legt der Schweizer Claude Barras mit "Sauvages" einen neuen Film vor, der für einen Höhepunkt im Programm der Piazza Grande sorgte und heißer Anwärter auf den Publikumspreis ist.


Keine Minute benötigt Claude Barras, der beim Locarno Film Festival mit dem Locarno Kids Award ausgezeichnet wurde, nach dem Insert "Die Welt gehört nicht uns. Wir leihen sie von unseren Kindern", um das Publikum in dem auf Borneo spielenden Stop-Motion-Animationsfilm am Haken zu haben: So liebevoll sind das Orang-Utan-Baby und dessen Mutter animiert, dass man zutiefst geschockt ist, als die Mutter von Holzfällern erschossen wird. Immerhin können die elfjährige Kéria und ihr Vater das Affenbaby Oshi gerade noch retten.


Zwischen den Fronten steht aber der Vater, der einerseits für die Holzindustrie arbeitet, andererseits aber mit einer Indigenen verheiratet war, die angeblich von einem Panther getötet wurde. Weil nun der Lebensraum der Indigenen durch den multinationalen Konzern, der den Regenwald für die Errichtung von Palmölplantagen roden will, bedroht ist, sollen sich Kéria und ihr Vater um ihren indigenen Cousin Selaï kümmern.


Gegensätze prallen mit dem Mädchen, das auf Hip-Hop steht und stets am Handy hängt, und dem naturverbundenen Selaï aufeinander. Als Selaï genervt mit dem kleinen Orang-Utan in den Dschungel abhaut, folgt Kéria ihm, ist aber in der Wildnis bald verloren und auf die Hilfe des Cousins angewiesen, der im Leben und Überleben im Regenwald erfahren ist.


So kommen sich die ungleichen Jugendlichen langsam näher, gleichzeitig wird im Dschungel aber schließlich auch ein Familiengeheimnis gelüftet und dem Konzern und seinem Raubbau an der Natur auch mit moderner Technik der Kampf angesagt.


Ganz das Niveau von "Mein Leben als Zucchini" erreicht "Sauvages" zwar nicht, denn im Gegensatz zu diesem Langfilmdebüt, das mehr noch als ein Film für Kinder ein Film über Kindheit und den Umgang mit Verlust war, ist Claude Barras´ neues Werk doch in erster Linie ein Film für ein jüngeres Publikum. Die liebevolle und detailreiche Animation der Figuren und Schauplätze, die magischen Momente, die in der Schilderung des Regenwalds mit seinen vielfältigen Tieren und Flüssen sowie durch ein großartiges Sounddesign gelingen, und der perfekte Mix von spannenden und witzigen Momenten bieten aber auch für ein erwachsenes Publikum zahlreiche beglückende Momente.


Auf der Handlungsebene ist "Sauvages" dagegen deutlich kindgemäßer als das Langfilmdebüt von Barras. Wie der 51-jährige Walliser, der das Drehbuch teilweise auch mit der auf Borneo lebenden indigenen Volksgruppe der Penan schrieb, aber eine Familiengeschichte mit einem entschiedenen, aber nie mit erhobenem Zeigefinger vorgebrachten Aufruf zum Engagement gegen den Raubbau an der Natur verbindet, das imponiert doch.


Ganz selbstverständlich erfolgt dabei auch ein Perspektivenwechsel hinsichtlich des Titels, denn während die Holzfäller in den Indigenen die "Sauvages" – die Wilden – sehen, macht der Film doch unmissverständlich klar, dass die eigentlichen Wilden die einzig am Profit orientierten Konzerne und ihre Handlanger sind.


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