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Agent of Happiness – Unterwegs im Auftrag des Glücks

Autorenbild: Walter GasperiWalter Gasperi
"Agent of Happiness": Zwei Glücksagenten spüren dem Glücksempfinden der Bevölkerung des Himalaya-Staats Bhutans nach
"Agent of Happiness": Zwei Glücksagenten spüren dem Glücksempfinden der Bevölkerung des Himalaya-Staats Bhutans nach

Lässt sich Glück mit einer mathematischen Formel und Zahlen messen? - Arun Bhattarai und Dorottya Zurbó begleiten in ihrem warmherzigen und von sanftem Humor durchzogenen Dokumentarfilm zwei Glücksagenten, die im Auftrag der Regierung durch den Himalaya-Staat Bhutan reisen, um Menschen nach ihrem Glücksempfinden zu befragen.


Im Jahr 2005 wurde im Himalaya-Staat Bhutan ein Fragebogen zur Erhebung des Bruttonationalglücks erstellt, der in den folgenden Jahren optimiert wurde. Mit 750 Fragen wurde 2008 erstmals offiziell die Befragung durchgeführt und das Bruttonationalglück in die Verfassung aufgenommen. In regelmäßigen Abständen ziehen seither Glücksagenten durch das Land, die mit der Umfrage, die inzwischen auf 148 Fragen abgespeckt wurde, das Glücksbefinden der Bevölkerung erheben sollen.


Ökonomische Aspekte werden dabei ebenso berücksichtigt, wie soziale, psychische und spirituelle und möglichst unterschiedliche gesellschaftliche Schichten sollen befragt werden, denn das Ergebnis der Umfrage hat Auswirkungen auf das Handeln der Regierung.


Arun Bhattarai und Dorottya Zurbó stellen an den Beginn ihres Dokumentarfilms eine Abfolge von Totalen eines in Wolken liegenden Bergdorfs, eines idyllischen Hochtals mit weiten Wiesen, von Gebetstrommeln und buddhistischen Gebetsfahnen. – Eingestimmt werden die Zuschauer:innen damit auf diese Reise durch den Himalaya-Staat.


In den Mittelpunkt rücken bald die etwa 40-jährigen Amber und Guna, die in einem Klassenzimmer mit Kollegen mit der Formel zur Erhebung des Bruttonationalglücks vertraut gemacht werden. Hier stellt sich freilich schon die Frage, ob das individuelle Glück wirklich mittels mathematischer Formel und Zahlen erfasst werden kann.


Das Duo jedenfalls bricht mit seinem Wagen auf, befragt in den Dörfern Bauern ebenso wie eine Transgender-Frau in der Stadt. Erhoben wird dabei nicht nur, wie viele Ziegen oder Hühner die Befragten besitzen, sondern sie müssen auf einer Skala von null bis zehn auch angeben, ob sie zu Neid, Wut, Traurigkeit und Ängsten tendieren. Nach jeder Befragung wird das Ergebnis in den einzelnen Kategorien sowie der sich daraus ergebende gesamte Glücksquotient eingeblendet.


Wird dabei zunächst das Bild einer heilen Welt vermittelt, werden doch sukzessive Risse sichtbar. Denn da mag sich ein Mann mit seinen drei Frauen zwar als völlig glücklich bezeichnen, doch wenn die Frauen unter sich sind, klagen sie über die Wutausbrüche dieses Patriarchen und erklären, dass sie nur unter sich glücklich sind. Ein anderer Mann ist dagegen immer noch nicht über den Tod seiner Frau hinweggekommen und ein Teenager hat damit zu kämpfen, dass ihre Mutter schwere Alkoholikerin ist.


Doch trotz dieser prägnant gezeichneten Schicksale bewahrt "Agent of Happiness" Leichtigkeit und ist durchzogen von sanftem Humor. Dafür sorgt nicht nur die unaufgeregte Erzählweise, sondern auch die während der Reise immer wieder eingeschobenen Totalen der malerischen Landschaft.


Gleichzeitig spart das ungarisch-bhutanische Regie-Duo mit der Transgender-Frau, die in einem Club in der Stadt als Tänzerin arbeitet und deren einzige Bezugsperson ihre Mutter zu sein scheint, sowie mit dem Glücksagenten Amber die Moderne nicht aus.


Über eine Dating-App hat dieser 40-jährige Mann, der sich zwar aufopfernd um seine Mutter kümmert, sich aber auch nach einer Partnerin sehnt, zwar eine Influencerin kennengelernt, doch so einfach ist es mit der Beziehung nicht. Romantisch wird "Agent of Happiness" mit den Gesprächen des Paares oder einem gemeinsamen Motorradausflug in die Berge zwar, doch Amber fühlt sich als Bhutaner zweiter Klasse, da er keine Staatsbürgerschaft besitzt.


Gesellschaftskritische Spitzen gegen die Regierung bleiben so nicht aus, wenn Amber erzählt, dass seiner – nepalesischen (?) – Familie aus ethnischen Gründen in den frühen 1990er Jahren die Staatsbürgerschaft entzogen wurde und er sich seit Jahren erfolglos um deren Verleihung bemüht. Überzeugt ist er, dass ihn so die die Familie einer potentiellen Ehefrau nie akzeptieren würde, und ohne Staatsbürgerschaft kann er auch nicht aus Bhutan nicht ausreisen.


Diese ernsten Akzente verhindern geschickt ein Abgleiten in eine realitätsferne Feier des Glücks und verleihen "Agent of Happiness" eine Erdgebundenheit, durch die diese ebenso warmherzige wie optimistische Glückssuche erst Überzeugungskraft gewinnt. In einer kehrenreichen Bergstraße finden Arun Bhattarai und Dorottya Zurbó so auch ein treffendes Bild für den langen Weg zum Glück und zeigen, wie man dieses auch trotz Problemen erreichen kann, wenn Amber in der Schlusseinstellung zu einem vom Smartphone abgespielten Song auf einem Bergplateau tanzt.

  

 

Agent of Happiness

Bhutan / Ungarn / USA / Tschechien 2024 Regie: Arun Bhattarai, Dorottya Zurbó 

Dokumentarfilm mit: Amber Kumar Gurung, Sarita Chettri, Guna Raj Kuikel  Länge: 94 min.


Läuft jetzt in den Schweizer Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen und im Skino Schaan und ab 27.3. in den österreichischen und deutschen Kinos. Spielboden Dornbirn: Sa 29.3. + Do 3.4. - jeweils 19.30 Uhr

TaSKino Feldkirch im Kino GUK: Fr 11.4. bis Mo 14.4. Kinothek extra in der Kinothek Lustenau: Mo 19.5., 18 Uhr + Mi 28.5., 20 Uhr

FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 11.6., 18 Uhr + Do 12.6., 19.30 Uhr



Trailer zu "Agent of Happiness - Unterwegs im Auftrag des Glücks"


 

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