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AutorenbildWalter Gasperi

Astolfo – Für die Liebe ist es nie zu spät


Warmherzig, leichtfüßig, charmant: Gianni Di Gregorio schickt einen Rentner von Rom zurück in seine heimatliche Kleinstadt, wo er eine späte, schüchterne Liebe findet.


Gianni Di Gregorio kann man als Spätberufenen bezeichnen. Zwar entwickelte der 1949 geborene Römer schon in der Kindheit eine große Kinobegeisterung und schaute nach der Schule nachmittags bis zu drei Filme im Kino an, doch nach einem Studium in Regie und Schauspiel arbeitete er zunächst am Theater und dann als Regieassistent für Matteo Garrone unter anderem bei dessen "Gomorha" (2008). Sein Regiedebüt drehte er erst als 59-Jähriger mit "Pranzo di Ferragosto" (2008).


Gefunden hat er mit diesem Überraschungserfolg aber auch schon den Stil und die Themen, die seine folgenden Filme bis "Cittadini del mondo" (2020) bestimmen. Immer spielt nämlich Di Gregorio selbst auch die Hauptrolle und immer werden kleine, aber sehr menschliche und von feinem Humor durchzogene Geschichten um Rentner erzählt und Schauplatz ist immer Di Gregorios Heimatstadt Rom.


In Rom beginnt auch "Astolfo", doch dieses muss der vom Regisseur gespielte pensionierte Professor Astolfo verlassen, als die Vermieterin seiner Wohnung Eigenbedarf anmeldet, weil ihre Tochter heiratet. Von der Metropole kehrt Astolfo so in seine pittoreske, in den Hügeln Latiums gelegene Heimatstadt Atena zurück, muss aber feststellen, dass der geräumige Palazzo, der vor Jahrhunderten ein Vorfahre für eine siegreiche Schlacht erhielt, inzwischen in bedenklichem baulichem Zustand ist. Zudem hat sich der Priester der Kleinstadt einen Teil unter den Nagel gerissen, um hier Chorproben abzuhalten, und den Wald hat der Bürgermeister zum öffentlichen Grund erklärt und anschließend selbst gekauft.


Zudem trifft Astolfo in seinem Haus auf den Obdachlosen Oreste (Alberto Testone), der sich hier seit mehreren Jahren einquartiert hat, und bald finden auch noch der pensionierte Koch Malagrotta (Gigio Morra) und der junge Handwerker Daniel (Mauro Lamantia) hier eine Unterkunft. Analog zur Wohngemeinschaft der älteren Damen in "Pranzo di Ferragosto" bildet sich hier so eine Männer-WG von Underdogs.


Inspirieren lassen hat sich Di Gregorio dabei wie bei seinen früheren Filmen von persönlichen Erfahrungen. Denn auch in seinem eigenen Haus in den Abruzzen habe der Ortspriester Räumlichkeiten annektiert und wie im Film habe er dort die Gemeinschaft mit Gleichaltrigen genossen.


Bewegung kommt in Astolfos Leben, als er über seinen Cousin die verwitwete Stefania (Stefania Sandrelli) kennenlernt. Antreiben muss der Cousin den schüchternen Verwandten zwar, dass er nach einem ersten gemeinsamen Essen den Kontakt zu Stefania pflegt, doch dann kommen sich die beiden rasch näher. Wenig erfreut über die neue Bekanntschaft sind allerdings Stefanias erwachsenen Kinder, die glauben, dass Astolfo nur hinter ihrem Geld her ist.


Wieder ist die Geschichte klein gehalten und wieder ist es Di Gregorios warmherziger Blick, der für diesen Film einnimmt. Prägnant zeichnet er markante Typen und verbreitet mit lichtdurchfluteten und in warme Farben getauchten Bildern des ländlichen Mittelitaliens und der Kleinstadt Urlaubsstimmung.


Im Zentrum steht aber immer der von Di Gregorio selbst gespielte Astolfo. Leichthändig erzählt er von diesem Rentner, der im Grunde mit seinem Leben zufrieden ist, zunächst keine Veränderung und keine neue Beziehung wünscht, dann aber doch durch die Liebe zu Stefania aufblüht.


Ein echter Coup ist dabei die Besetzung der attraktiven Rentnerin mit dem italienischen Alt-Star Stefania Sandrelli. Nachdem die 1946 geborene Italienerin als 15-Jährige bei einem Schönheitswettbewerb gewonnen hatte, spielte sie ab 1961 in zahlreichen Filmen. Mehrfach besetzten sie die Meisterregisseure Ettore Scola und Bernardo Bertolucci. Unaufdringlich fügt sie sich nun in Di Gregorios Ensemble ein und erfreut mit einer bezaubernden Altersrolle.


So klein "Astolfo" dabei äußerlich ist, so reich wird er durch Di Gregorios durch die scheinbare Kunstlosigkeit, die Nähe zum Leben und die genaue Menschenbeobachtung bestimmte Inszenierung. Locker die Balance zwischen Drama und Komödie wahrend und durchzogen von einer großen Liebe zu seinen Figuren entwickelt sich so eine Feier der Freundschaft und der Liebe, bei der auch den Zuschauer:innen warm ums Herz werden kann, sodass sie gelöst und mit einem Schmunzeln das Kino verlassen.



Astolfo – Für die Liebe ist es nie zu spät Italien / Frankreich 2022 Regie: Gianni Di Gregorio mit: Gianni Di Gregorio, Stefania Sandrelli, Alfonso Santagata, Alberto Testone, Gigio Morra, Mauro Lamantia, Francesca Ventura Länge: 90 min.



Läuft jetzt in den Schweizer Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen und im Skino Schaan.


Trailer zu "Astolfo - Für die Liebe ist es nie zu spät"



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