top of page

Babygirl

Autorenbild: Walter GasperiWalter Gasperi
"Babygirl": Erotikthriller mit Nicole Kidman
"Babygirl": Erotikthriller mit Nicole Kidman

Ein junger Praktikant weckt in seiner scheinbar glücklich verheirateten, aber sexuell unerfüllten Chefin das verdrängte Begehren: Nicole Kidman brilliert in Halina Reijns stark gespieltem, aber in den Sexszenen zurückhaltendem Erotikthriller um Machtspiele und weibliche Sehnsucht nach Lustbefriedigung.


Bevor man etwas sieht, hört man zu Schwarzfilm das lustvolle Stöhnen von Romy (Nicole Kidman). Als die Bilder dazu kommen, sieht man die Gründerin und CEO einer Robotikfirma beim Sex mit ihrem Mann (Antonio Banderas). Doch der Schein trügt, denn zum Höhepunkt kommt die Frau offensichtlich nicht, sondern schleicht unmittelbar danach aus dem Schlafzimmer in ihr Arbeitszimmer, um auf ihrem Laptop einen Porno anzusehen und sich dabei selbst zu befriedigen. Die - nun echten - Lustschreie unterdrückt sie dabei mit vorgehaltener Hand.


Erst dann folgt das Titelinsert, nach dem die frühstückende Musterfamilie mit dem erfolgreichen Theaterregisseur als Mann und zwei Teenager-Töchtern vorgestellt wird. Wonach sich die gestresste Geschäftsfrau freilich sehnt, wird sichtbar, wenn sie auf dem Weg von der luxuriösen Villa zum New Yorker Büro auf einen Mann (Harris Dickinson) trifft, der einen aggressiven Hund mit einem Keks beruhigt.


So wie der Hund, möchte sie offensichtlich selbst von einem Mann herumkommandiert und kontrolliert werden. Ihr Mann ist dazu freilich viel zu nett und brav, verliert die Lust am Sex schon, wenn sie sich dabei den Kopf mit einem Kissen verdeckt, um ihre Fantasien anzuregen.


Ausgerechnet der Hundebändiger stellt sich aber wenig später in ihrer Firma als Praktikant vor. Sofort ist sie von ihm angezogen, blickt immer wieder zu ihm hin – und auch dieser Samuel beginnt sie zu provozieren und mit ihr zu spielen. Hat sie in der Firma das Sagen, so lässt sie sich bei den folgenden Treffen in einem schummrigen Hotel willig herumkommandieren, kriecht auf allen Vieren durch das Zimmer, leckt wie eine Katze Milch von einem Teller oder sammelt folgsam Glasscherben ein.


Lust weckt in ihr offensichtlich auch die Gefahr, die dieses Spiel für sie beinhaltet, und gezielt dreht Samuel an der Schraube, wenn er überraschend in ihrem Haus oder bei einer Party auftaucht. Mag sie dabei auch wütend reagieren, letztlich verschaffen ihr gerade sein unerwartetes Auftauchen und die Möglichkeit, dass er mit einem Satz ihr familiäres und berufliches Leben zerstören kann, den Kick.


Als klassischen Erotikthriller hat die Niederländerin Halina Reijn "Babygirl" angelegt und sie nennt auch Filme wie Adrian Lynes "9 1/2 Wochen" und "Eine verhängnisvolle Affäre" (1987) sowie Paul Verhoevens "Basic Instinct" (1992) als wichtige Inspiration. Gleichzeitig dreht sie diese damaligen Skandalfilme aber um.


Verfällt in diesen Klassikern nämlich ein erfolgreicher Mann einer Frau, so erliegt hier eine deutlich ältere Frau einem jungen Mann. Gleichzeitig tritt damit an die Stelle des männlichen nicht nur ein weiblicher Blick, sondern im Zentrum steht auch weniger die Obsession als vielmehr das weibliche Verlangen nach sexueller Erfüllung. Den Orgasmus, den Romy mit ihrem Mann in fast 20 Ehejahren nie bekam, verschafft ihr Samuel mit Leichtigkeit.


Daneben geht es aber auch um Macht und Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen. Der beruflichen Dominanz von Romy steht ihre sexuelle Hörigkeit gegenüber Samuel gegenüber, gleichzeitig entwickelt sich aber auch ein Machtspiel zwischen ihr und einer für Gendergerechtigkeit zuständigen Mitarbeiterin, die ebenfalls eine Affäre mit Samuel hat.


Zentrum des Films sind aber immer Romy und Samuel. Während Nicole Kidmans Rolle wie ein Reflex auf ihre Figur in Stanley Kubricks "Eyes Wide Shut" wirkt und sie auch nicht davor zurückschreckt ihr Altern sichtbar zu machen, wenn auch eine Eis- und Botox-Behandlung nicht ausgespart wird, brilliert Harris Dickinson als ebenso selbstbewusster wie manipulativer Praktikant.


Gemessen am Thema ist die Inszenierung von Halina Reijn dabei auffallend zurückhaltend. Zwar mögen Romy und Samuel in langen Szenen im Hotel oder auch im Büro immer wieder miteinander spielen und sich gegenseitig provozieren, doch die eigentlichen Sexszenen hält die Niederländerin dann auffallend kurz und zeigt nur sehr wenig.


Sie unterwandert damit den Voyeurismus, mit dem der Erotikthriller immer spielt, andererseits torpediert sie aber mit dem Ende auch den zuvor geschilderten Weg einer Frau zu sexueller Erfüllung, wenn sie ihre Romy das Glück nun über ihre Fantasie finden lässt.

 

 

Babygirl

USA 2024 Regie: Halina Reijn mit: Nicole Kidman, Harris Dickinson, Sophie Wilde, Antonio Banderas Länge: 114 min.



Läuft derzeit in den Kinos.


Trailer zu "Babygirl"



 

 

 

Comments


bottom of page