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AutorenbildWalter Gasperi

Better Man – Die Robbie Williams Story

So wild und leidenschaftlich wie das Leben von Robbie Williams in jungen Jahren war, zeichnet Michael Gracey Aufstieg, Fall und Comeback der Popikone nach: Ein unkonventionelles, aber sehr unterhaltsames Musical, bei dem sich Williams im wahrsten Sinne des Wortes selbst zum Affen macht.


"Let Me Entertain You": Der Titel eines der größten Hits des 1974 im mittelenglichen Stoke-on-Trent geborenen Robbie Williams ist für Regisseur Michael Gracey Programm. Wie Robbie Williams selbst ein genialer Entertainer ist, will auch der Australier mit seinem nach "The Greatest Showman" (2017) zweiten Spielfilm über 130 Minuten mitreißende Unterhaltung bieten.


Ganz aus der Perspektive von Robbie Williams, der auch als einer der Executive Producer fungierte, erzählt Gracey dabei, verfremdet seinen Protagonisten aber gleichzeitig, indem der Protagonist durch einen mittels Motion Capture am Computer generierten Schimpansen verkörpert wird. Das schafft einerseits Distanz, andererseits wird dadurch die Aufgabe des Entertainers sich auf der Bühne fürs Publikum zum Affen zu machen auf die visuelle Ebene übertragen.


Nähe zur Figur schafft Gracey gleichzeitig wieder, indem er Williams selbst, dem im Original als Erwachsener Robbie Williams die Stimme gibt, sein Leben kommentieren und Ereignisse zusammenfassen lässt. Im Zentrum steht dabei, beginnend vom gemobbten Jungen einer Straßenfußballmannschaft, das Streben nach Anerkennung und Ruhm, das sein Vater als Fan von Frank Sinatra und Dean Martin schon früh in ihm geweckt hat.


Wie im Elton John-Biopic "Rocketman" zeigt Gracey dabei vielfach nicht die Genese der Hits im Arbeitszimmer oder Studio, sondern integriert sie in die Handlung als unmittelbaren Ausdruck von Williams´ Gefühlen. Mitreißende Gesangs- und Tanznummern gelingen hier, wenn "Feel" ("I Just Wanna Feel Real Love") mit der Einsamkeit nach dem Verschwinden des Vaters verbunden wird oder "She´s the One" aus der ersten Begegnung mit Nicole Appleton auf einer Yacht resultiert.


Höhepunkt in dieser Hinsicht sind wohl die Verknüpfung von "Come Undone" mit einer wahnwitzigen nächtlichen Autofahrt nach der Trennung von der Boyband "Take That" und vor allem das in einer fulminanten Plansequenz gefilmte "Rock DJ". Schlicht atemberaubend ist, wie hier Kamera durch unterschiedliche Settings gleitet, in einen Bus klettert und schließlich mit dem Song in einer großen getanzten Straßenszene endet.


Weniger für die Fakten als vielmehr für die Emotionen interessiert sich Gracey. Er will nicht sorgfältig die Karriere des Popstars nachzeichnen, sondern vielmehr seine Gefühle vermitteln. Mehr angerissen als ausformuliert wird so der Aufstieg als 15-Jähriger mit der Boyband "Take That", die zunächst nur in Schwulenclubs spielte, dann aber eine begeisterte weibliche Anhängerschaft fand, oder seine Beziehung zur Sängerin Nicole Appleton.


Nur verbal wird auf seine zahlreichen Affären hingewiesen, während seine Kokain-, Alkohol- und Tablettensucht deutlich mehr Raum einnimmt. Aber auch Neid als Triebfeder für seine Kreativität wird in einer Begegnung mit dem Oasis-Frontman Liam Gallagher ebenso sichtbar wie in seinem Ärger über einen Nr. 1 Hit seiner Freundin Nicole mit ihrer Girlband All Saints. Durch den Film zieht sich aber vor allem seine innige Beziehung zu seiner Großmutter, seine Mutterliebe und das schwierige Verhältnis zum Vater, sowie die Sehnsucht nach Ruhm bei gleichzeitiger Angst vom Publikum nicht gefeiert zu werden.


Spürbar werden in der Fokussierung auf den Star seine Selbstzweifel und Minderwertigkeitskomplexe, wenn er bei seinen Auftritten im Publikum immer wieder seine inneren Dämonen als Doppelgänger sieht, die seine Darbietungen nicht schätzen. Höhepunkt ist dabei eine völlig irre Szene beim Festival von Knebworth, bei dem Williams 2003 vor 125.000 Zuschauer:innen spielte. Als er hier immer mehr Doppelgänger im Publikum ausmacht, geht der realistische inszenierte Auftritt in eine alptraumhafte apokalyptische Schlacht über, bei der Williams mit dem Mikrofonständer auf seine Doppelgänger einschlägt.


In dieser ebenso rohen wie wilden und leidenschaftlichen Erzählweise korrespondiert dieses Biopic großartig mit Leben und Charakter des Porträtierten und kehrt dessen Wesen nach Außen. Fern vom Hagiographischen ist "Better Man" damit und vermittelt auch das Bild des "Bad Boy", das Williams mit seinen von derben Kommentaren und Fäkalhumor geprägten Auftritten auf der Bühne und im Fernsehen pflegte.


Gleichzeitig erzählt Gracey aber schließlich doch auch eine Entwicklungsgeschichte, wie dieser "Bad Boy" zum "Better Man" wurde und lässt ihn übersteigert sentimental und - vielleicht auch ironisch – versöhnlich mit einem Auftritt in der Royal Albert Hall enden. Wenn Williams dabei Frank Sinatras "My Way" singt, wird auch wieder der Bogen zum Anfang des Films und zum Vater geschlagen.

 

 

Better Man – Die Robbie Williams Story

Australien / USA 2024 Regie: Michael Gracey mit: Robbie Williams, Jonno Davies, Steve Pemberton, Alison Steadman, Kate Mulvany, Damon Herriman, Tom Budge, Anthony Hayes Länge: 134 min.

 


Läuft jetzt in den Kinos.


Trailer zu "Better Man - Die Robbie Williams Story"



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