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Der Graf von Monte Christo

Autorenbild: Walter GasperiWalter Gasperi
"Der Graf von Monte Christo": Opulente Klassikerverfilmung
"Der Graf von Monte Christo": Opulente Klassikerverfilmung von Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière

Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière inszenieren Alexandre Dumas` klassischen Abenteuerroman als große Rachegeschichte: Straffe Handlungsführung, starke Besetzung, attraktive Schauplätze und Gespür für visuelle Gestaltung sorgen für großzügige Unterhaltung alten Stils.


Alexandre Dumas´ zwischen 1844 und 1846 erschienener Fortsetzungsroman wurde schon oft verfilmt. Überflüssig ist im Grunde eine weitere Verfilmung, die keine entschiedene Neuinterpretation des Stoffes vornimmt, dennoch unterhält die fast dreistündige Adaption von Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière bestens.


Die beiden Franzosen, die auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnen, streben gar nicht danach, das Kino neu zu erfinden oder mit der Vorlage zu spielen, sondern legen vielmehr einen klassischen Abenteuerfilm alter Schule vor. Geschickt haben sie die sich von 1815 bis 1838 – also über mehr als 20 Jahre - spannende Handlung von Dumas´ Roman gestrafft, Nebenfiguren gestrichen und die Handlung verdichtet.


Unvermittelt ist so der Einstieg mit einem nächtlichen Seesturm, bei dem Edmond Dantès (Pierre Niney) eine Frau rettet, dabei aber einen Befehl des Kapitäns missachtet und dessen Zorn auf sich zieht. Emotionen erzeugt der Kontrast von Edmonds Hochzeit mit seiner geliebten Mercédès (Anais Demoustier) und seiner gleichzeitigen Verhaftung wegen Hochverrats aufgrund angeblicher Unterstützung des auf die Insel Elba verbannten Napoleon.


Flott treiben Delaporte und La Patellière die Handlung voran, wenn sie bei der Haft auf der Gefängnisinsel Château d´If bald fünf und dann nochmals zehn Jahre überspringen. Auch die Bergung des Schatzes auf der Insel Monte Christo schneiden sie nur kurz an, um sich dann ausführlich den Racheplänen von Edmond, der sich nun Graf von Monte Christo nennt, zu widmen.


Ganz aus der Perspektive der Titelfigur wird erzählt, gekonnt werden seine drei macht- und geldgierigen Gegner, die auch für die drei Säulen Politik, Militär und Wirtschaft stehen, zu starken Gegenpolen aufgebaut. Nicht nur diese werden von Edmond aber manipuliert, sondern auch seine beiden jugendlichen Helfer, die er für seine Rachepläne einspannt.


Geschickt werden mit Intrigen, Verrat, Eifersucht, aber auch mit einer unerfüllten Liebe Emotionen geschürt, während die raffinierte Vorgehensweise des Protagonisten, der sich nicht mit einer Bestrafung der Übeltäter zufrieden gibt, sondern diesen tiefsten Schmerz zufügen und sie vernichten will, immer wieder für Überraschungen sorgt.


Die mächtig aufdonnernde Musik von Jérôme Rebotier steigert dabei immer wieder Spannung und Emotionen, während das visuelle Gespür des Regieduos und attraktive Schauplätze für Sehgenuss sorgen. Ausgiebig werden so das strahlend blaue Meer und leuchtend grüne Wiesen- und Waldlandschaft ins Bild gerückt und der beklemmenden Enge im düsteren Kerker der Gefängnisinsel werden prächtige Landschlösser mit ihren weitläuigen Parks gegenübergestellt. Innenszenen stehen auch wiederholt Aufnahmen aus der Vogelperspektive gegenüber, die die Figuren in weiter Landschaft isolieren und sie verloren ausgesetzt erscheinen lassen.


Die Reduktion der Figuren ermöglicht es Delaporte und La Patellière diesen markante Züge zu verleihen. Vor allem aber haben sie in Pierre Niney einen starken Hauptdarsteller gefunden, der eindrücklich die Wandlung von Edmond vom hoffnungsvollen verliebten jungen Mann über ein bedauernswertes Opfer zum gnadenlosen Rächer vermittelt. Kein strahlender Held ist das, sondern eine zwiespältige Figur, deren Handeln gegen Ende zunehmend in Frage gestellt wird.


Stärkeres Gewicht als der Roman verleiht der Film dabei ganz im Sinne unserer Zeit mit der nur kurz auftretenden, von Edmond geretteten Angel und seiner großen Liebe Mercédès den beiden weiblichen Nebenfiguren, während mit seinen beiden jugendlichen Helfer:innen wohl ein heutiges junges Publikum angesprochen werden soll.


So altmodisch dieser Abenteuerfilm im Grunde auch ist, so wirkt er doch nie verstaubt oder retortenhaft, sondern strahlt durch die engagierte und von spürbarer Leidenschaft für und Liebe zur Vorlage geprägte Inszenierung Frische und Schwung aus. Das macht diese Rachegeschichte für das Kinopublikum trotz der epischen Länge von 178 Minuten zu einem kurzweiligen Vergnügen.

 

 

Der Graf von Monte Christo

Frankreich 2024

Regie: Matthieu Delaporte, Alexandre de La Patellière mit: Laurent Lafitte, Pierre Niney, Anamaria Vartolomei, Anaïs Demoustier, Bastien Bouillon, Julien De Saint-Jean Länge: 178 min. Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Cineplexx Hohenems



Trailer zu "Der Graf von Monte Christo"


 

 

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