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AutorenbildWalter Gasperi

Der Schatten von Caravaggio – L´ombra di Caravaggio


Michele Placido rollt in Rückblenden das Leben des Malers Michelangelo Merisi, bekannt als Caravaggio, auf. Aufregend werden Verbindungen zwischen Leben und Gemälden hergestellt und Caravaggios Technik des Chiaroscuro auf die Bildebene übertragen. Konventionell bleibt dagegen die Erzählweise.


Nur 38 Jahre alt wurde Michelangelo Merisi, der nach dem Herkunftsort seiner Eltern unter dem Namen Caravaggio (1571 – 1610) bekannt ist, und beeinflusste dennoch mit seinen Hell-Dunkel-Kontrasten (Chiaroscuro), seiner naturalistischen Bildgestaltung und der Verbindung von Sakralem und Profanem die Kunstgeschichte entscheidend.


Michele Placido, der vor allem in den 1980er Jahren als unerschrockener Ermittler in der TV-Serie "Allein gegen die Mafia" bekannt wurde, rollt das Leben des genialen, aber auch von der Kirche angefeindeten Malers retrospektiv aus. Nach einem heftigen Einstieg mit einem Mordanschlag auf Caravaggio (Ricardo Scamarcio) in den dunklen Gassen von Neapel im Jahr 1609 wechselt der Film nach Rom.


Dort beauftragt Papst Paul V. einen Sonderermittler (Louis Garrel), Nachforschungen über den Maler anzustellen. Dieser "Schatten" soll nicht nur Caravaggios Begnadigungsansuchen gegen das Todesurteil wegen eines Tötungsdelikts prüfen, sondern auch untersuchen, ob dessen Lebenswandel und Gemälde im Einklang mit der Kirche stehen.


Im Stil von Orson Welles´ "Citizen Kane" befragt der Ermittler bei dieser kriminalistischen Spurensuche Förderer wie die Marchesa Colonna (Isabelle Huppert) und Modelle wie die Prostituierte Lena (Micaela Ramazzotti) ebenso wie Feinde des umstrittenen Malers. Durch deren Erzählungen wird in Rückblenden dessen Leben aufgerollt.


Die Erzählweise ist konventionell, aufregend ist aber wie Kameramann Michele D´Attanasio den Stil Caravaggios auf den Film überträgt. Wie der Maler arbeitet er mit starken Hell-Dunkel-Kontrasten und taucht die Filmbilder immer wieder in Brauntöne, sodass Erzählung und Gemälde teilweise ineinander übergehen.


Eindrücklich vermittelt er auch, wie der Alltag Caravaggio inspirierte und wie er aus einem Bettler den Heiligen Petrus oder aus Prostituierten die Madonna oder andere biblische Frauenfiguren machte. Doch nicht Blasphemie erscheint als Motiv, sondern vielmehr ein tiefer Glaube, der das Evangelium in den Alltag holen, den Blick auch auf Verfall, Armut und Elend lenken und sich für eine Kirche der Armen einsetzen will.


Wenn man will, kann man darin auch einen Bezug zum gegenwärtigen Papst Franziskus sehen, der bekanntlich auch gegen den Prunk und Reichtum der Kirche auftritt und soziales Engagement auf seine Fahnen geschrieben hat.


Einher geht diese Fokussierung auf die Randständigen, die sich auch im naturalistischen Stil von Caravaggios Gemälden äußert, mit einer prallen und deftigen Schilderung der römischen Unterschicht des frühen 17. Jahrhunderts. Schmutz, Sex und Gewalt sind hier allgegenwärtig, während Prunk und Reichtum der weltlichen und geistlichen Oberschicht mehr angedeutet als ausformuliert werden.


Stark spielt Riccardo Scamarcio Caravaggio als leidenschaftlichen und unbequemen Künstler, der keine Kompromisse eingeht und sich nicht einschüchtern lässt. Weitgehend ausgespart wird dabei aber im Gegensatz zu seinen Beziehungen zu Frauen seine Bisexualität. Einen starken Kontrapunkt dazu bildet der von Louis Garrel zurückhaltend gespielte, kühle Ermittler, der auch Folter einsetzt, um zu Informationen zu kommen.


Dazu bringt Placido über den Maler auch Zeitgenossen wie Giordano Bruno (1548 – 1600), dem Caravaggio im Gefängnis begegnet, oder die Malerin Artemisia Gentileschi (1593 – 1654) ins Spiel. Ebenso fiktiv wie die Recherchen des "Schatten" oder die Darstellung des Todes von Caravaggio mögen diese Begegnungen sein, weiten aber das Bild der Zeit. Denn mit der Hinrichtung Brunos als Ketzer wird der Allmachts- und Wahrheitsanspruch der Kirche ebenso deutlich wie mit dem kurzen Auftritt Gentileschis die patriarchale Gesellschaft, in der eine Frau als Malerin nicht akzeptiert wird.


Mag so "L´ombra di Caravaggio" zwar an einer anekdotenhaft-oberflächlichen und recht einförmigen Erzählweise leiden, so spannend ist dieses Biopic doch durch die plastische Schilderung der düsteren Welt dieses schillernden Malers und die aufregende Verbindung seiner Kunst mit seiner realen Umwelt.


L´ombra di Caravaggio – Der Schatten von Caravaggio Italien / Frankreich 2022 Regie: Michele Placido mit: Riccardo Scamarcio, Louis Garrel, Isabelle Huppert, Micaela Ramazzotti, Tedua, Vinico Marchioni, Lolita Chammah, Moni Ovadia, Brenno Placido, Lorenzo Lavia Länge: 118 min.



Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen Spielboden Dornbirn: 7.11. + 15.11. - jeweils 19.30 Uhr


Trailer zu "L´ombra di Caravaggio - Der Schatten von Caravaggio"




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