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Diagonale ´25: Die Laute und der Leise

Autorenbild: Walter GasperiWalter Gasperi

Aktualisiert: vor 29 Minuten

"Der Soldat Monika" von Paul Poet und "Schlendern ist mein Metier" von Johannes Holzhausen bei der Grazer Diagonale
"Der Soldat Monika" von Paul Poet und "Schlendern ist mein Metier" von Johannes Holzhausen bei der Grazer Diagonale

Zwei Porträtfilme, die so unterschiedlich und deren Protagonist:innen so gegensätzlich sind, dass es sich fast verbietet, sie in einem gemeinsamen Artikel vorzustellen, kann man bei der Grazer Diagonale entdecken: Paul Poet porträtiert in seinem provozierenden Dokumentarfilm "Der Soldat Monika" die transsexuelle und rechtsextreme Buchautorin Monika Donner. Johannes Holzhausen begleitet dagegen in "Schlendern ist mein Metier" unaufgeregt den neugierig die Welt und die Geschichte erkundenden Salzburger Schriftsteller Karl-Markus Gauß.


Vielfältige filmische Mittel setzt Paul Poet ein, um in "Der Soldat Monika" die transsexuelle Corona-Leugnerin Monika Donner, die rechtsextreme Positionen vertritt und als Buchautorin bekannt wurde, zu porträtieren. Zur begleitenden Beobachtung kommt nicht nur Archivmaterial unter anderem von Corona-Demonstrationen, und Animationsszenen, sondern vor allem auch Reenactment, in denen Schauspieler:innen wie Maria Hofstätter, Roland Düringer, Philipp Hochmair, Sarah Zaharinski und Mateja Meded Donners Mutter, ihren Vater, die Protagonistin selbst sowie ihre zwei Frauen spielen.


Als Vorbild für dieses Reenactment nennt Poet Joshua Oppenheimers "Act of Killing", den er den für ihn prägendsten Film der letzten Jahrzehnte nennt. Ein vielschichtiges Bild Donners zeichnet der Dokumentarfilmer so. Der Wandel vom Bundesheerhauptmann zur Juristin im Verteidigungsministerium wird ebenso vermittelt, wie ihr transsexuelles Coming-out, wenn Philipp Hochmair an ihrer Stelle geschminkt und in Frauenkleidern durch eine Fußgängerzone tanzt.


Schillernd ist diese Person zweifellos, die 2009 gesetzlich durchsetzte, dass der Eintrag der Transsexualität in den Reisepass nicht mehr an eine geschlechtsangleichende Operation geknüpft ist, die offen rechte Positionen vertritt, sich aber gleichzeitig weder politisch noch in ihrer geschlechtlichen Identität festlegen, sondern als Gestaltwandlerin vor allem provozieren will.


Doch so aufwändig und aufregend die Machart des Films auch ist, so wird man dennoch nicht nur kaum Sympathie für diese schrille und widersprüchliche Persönlichkeit entwickeln, sondern Poet gelingt es auch nicht, echtes Interesse für sie zu wecken. So bekommt man im Laufe des Films zwar Einblick in Donners Biographie, doch wirklich näher kommt man ihr nicht, sondern sie bleibt so undurchschaubar, wie sie wohl bleiben will.


Ganz anders verhält es sich bei "Schlendern ist mein Metier" von Johannes Holzhausen ("Das große Museum"). Hier wecken schon die ersten Szenen, in denen der Salzburger Schriftsteller Karl-Markus Gauß im Garten seines Hauses an einem Holztisch sitzend aus einem seiner Bücher rezitiert, nicht nur Neugier und Interesse, sondern auch Sympathie.


Wie Gauß selbst seine Arbeitsweise als "Schlendern" bezeichnet, bedienen sich auch Holzhausen und sein Kameramann Jörg Burger, die sich teilweise auch selbst verbal in den Film einbringen oder angesprochen werden, dieses Schlenderns. So lassen sie ihren Protagonisten in seinem Haus über seine Arbeitsweise sprechen, bei der er zunächst Material in einem alten Reisekoffer sammelt, oder auch über seine zahlreichen nicht geschriebenen Bücher erzählen.


Dann wieder folgen sie ihm und seiner Frau Maresi auf ihren Reisen ins heutige Ex-Jugoslawien, bei denen der Nachfahre von Donauschwaben seiner Familiengeschichte nachspürt, aber sich auch bei Bewohner:innen der Region über die Kriegsfolgen erkundigt.


Aber auch in den Salzburger Pinzgau und Pongau führen diesen Literaten, der stets seine alte schwarze Ledertasche mit sich trägt, seine Erkundungen. Dort lässt er sich von Ortsansässigen über das Schicksal von NS-Deserteuren und deren Familien oder über einen "Russenfriedhof" erzählen.


Wie es hier um das langsame Verschwinden des Vergangenen ebenso wie um dessen Bewahrung durch literarische Fixierung geht, so kommt mit dem Herzinfarkt von Gauß und der folgenden Operation auch die eigene Vergänglichkeit und der drohende Tod ins Spiel.


Dennoch bleibt "Schlendern ist mein Metier" unaufgeregt. Ganz im Sinne des neugierigen und aufmerksamen Zuhörers Gauß, der die anderen reden lässt und dann Notizen macht, konzentrieren sich auch Holzhausen und sein Kameramann aufs Zuhören und ruhige Begleiten und Beobachten des Schriftstellers und zeichnen so gerade auch durch den ruhigen Erzählrhythmus ein sehr stimmiges und einnehmendes Bild des 71-jährigen Salzburgers.



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