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  • AutorenbildWalter Gasperi

Die Brücke am Kwai

David Leans Spielfilm über britische Kriegsgefangene, die während des Zweitens Weltkriegs für die Japaner im Dschungel von Burma / Myanmar eine Eisenbahnbrücke bauen müssen, zählt zu den Klassikern der Filmgeschichte. Bei Plaion Pictures ist der 1958 mit sieben Oscars ausgezeichnete Kriegsfilm mit zahlreichen Extras auf Blu-ray und in einem Steelbook auf 4K-Ultra HD und Blu-ray erschienen.


Nach Erfolgen mit den Charles Dickens´-Verfilmungen "Great Expectations" ("Geheimnisvolle Erbschaft", 1946) und "Oliver Twist" (1948) und einigen kleineren Produktionen setzte mit der Verfilmung von Pierre Boulles Roman "Die Brücke am Kwai" (1957) David Leans Phase der spektakulären Großproduktionen ein, mit denen er Welterfolge feiern und zahlreiche Oscars gewinnen sollte. Auf diesen Kriegsfilm folgte so fünf Jahre später "Lawrence von Arabien" (1962) und schon drei weitere Jahre darauf "Doktor Schiwago" (1965).


Beginnend mit dem Flug eines Adlers über den Dschungel von Burma / Myanmar bis zur Rückkehr zu diesem Bild am Ende zeigt sich in jeder Szene, mit wie viel Übersicht und Überlegung dieser auf Ceylon (heute: Sri Lanka) gedrehte, 156-minütige epische Kriegsfilm gedreht wurde. Nicht auf Action, sondern auf starke gegensätzliche Figuren und dichte Atmosphäre setzt David Lean.


Historischer Hintergrund ist der Bau der Brücke über den Mae Nam Mae Klong, die eine wichtige Rolle bei der Eisenbahnlinie von Rangun nach Bangkok spielte. Gebaut wurde sie wesentlich von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, frei erfunden sind aber die Figuren und die konkrete Handlung.


Zu spüren ist die tropische Hitze, wenn die Truppe um den britischen Colonel Nicholson (Alec Guinness) ins im Dschungel gelegene japanische Kriegsgefangenenlager einzieht. Wie sie beim Einzug den Colonel Bogey March pfeifen, deutet schon an, dass sie sich nicht als Besiegte sehen und nicht von den Japanern brechen lassen wollen.


Zentrale Figur ist dabei ihr Anführer Colonel Nicholson, der dem japanischen Lagerkommandanten Oberst Saito (Sessue Hayakawa) erklärt, dass Offiziere laut der von Japan allerdings nicht unterschriebenen Genfer Konvention nicht zu körperlicher Arbeit herangezogen werden dürfen. Mit drastischen Methoden will Saito den Widerstand brechen, gibt aber schließlich aufgrund der Unbeugsamkeit Nicholsons doch nach. Dieser will nun seinerseits die Japaner brechen und demütigen, indem er ihnen beweisen will, dass seine britische Truppe eine wesentlich bessere Brücke bauen kann als die Japaner.


Nicholsons stures Beharren auf militärischen Pflichten und Regeln, die zu wahnwitziger Besessenheit führt, steht so Saitos absoluter Gehorsam gegenüber der japanischen Heeresleitung und sein in der japanischen Tradition verwurzeltes Ehrgefühl gegenüber. Wie sehr sich die beiden Kontrahenten dabei letztlich gleichen, wird deutlich, wenn Nicholson zunehmend die Methoden übernimmt, die er an Saito heftig kritisierte. Denn um den Bau der Brücke rechtzeitig zu vollenden, zieht er bald selbst eigene Offiziere zu körperlicher Arbeit heran und sucht auch im Krankenlager nach arbeitsfähigen Männern.


Gegenpol zu diesen beiden in ihren Regeln gefangenen, sturen Fanatikern bildet der amerikanische Soldat Shears (William Holden). Schon zuvor wurde er von den Japanern gefangen und kommentiert trocken die Ankunft der Briten. Ihm ist Nicholsons militärisch Haltung ebenso zuwider wie Saitos Ehrverständnis, denn er ist ein klassischer Individualist, denkt zunächst an sich und flieht so auch bald aus dem Lager.


Während so auf der einen Seite im Dschungel die britischen Gefangenen von den Japanern den Brückenbau übernehmen, wird auf der anderen Seite Shears gerettet und landet in einem britischen Camp. Weil er über Ortskenntnis verfügt, wird er dort bald gezwungen an einem Himmelfahrtskommando mit dem Ziel, die Brücke zu sprengen teilzunehmen. Souverän werden diese beiden Handlungsstränge parallel geführt, bis sie im hochdramatischen Finale in eins fallen.


Meisterhaft entwickelt Lean auch durchgängig Spannung durch den Wechsel zwischen Szenen, in denen das Aufeinandertreffen der herausragend gespielten gegensätzlichen Charaktere im Zentrum steht und handlungsbetonten Momenten wie der Flucht Shears, der Folterung Nicholsons oder den Problemen beim Brückenbau.


Großartig ambivalent bleibt "Die Brücke am Kwai" dabei auch in der Figurenzeichnung. Wird Nicholson zunächst als Held aufgebaut, bekommt dieses Bild mit seinem obsessiven Bau an der Brücke, der ihn zum bedingungslosen Unterstützer der japanischen Pläne werden lässt, zunehmend Risse. Wenig glaubwürdig ist freilich das Ende, bei dem er plötzlich zur Besinnung kommt. Seine Feststellung "Was habe ich getan?" zeigt nämlich deutlich, dass seine letzte Tat nicht als zufällig, sondern als durchaus gewollt gelesen werden muss.


Aber auch Saito erscheint nicht als Barbar, sondern vielmehr als Gefangener einer von langen Traditionen bestimmten Erziehung. Besessenheit kennzeichnet aber auch den Briten Major Warden (Jack Hawkins), der das Kommandounternehmen leitet. Nur Shears erscheint so als individualistisch und auf sich selbst vertrauender Charakter und kein Wunder ist es, dass der Lagerarzt Clipton beim Blick auf die Leichen und die Zerstörung den Film mit den Worten "Madness, Madness" beschließt.


An Sprachversionen bieten die bei Plaion Pictures erschienene Blu-ray und 4K-Ultra HD neben der englischen Original- und der deutschen Synchronfassung mehrere weitere Sprachfassungen. Untertitel gibt es nicht nur in Deutsch, englisch und französisch, sondern auch in zahlreichen weiteren Sprachen.


Die Extras umfassen neben Trailer und Bildergalerie eine Fassung des Films, bei der im unteren Bilddrittel fast durchgängig Schrifttafeln eingeblendet sind, die wie ein Audiokommentar Einblicke in die historischen Hintergründe und die Entstehung des Films liefern. Dazu kommt ein etwa 50-minütiges Making-of mit zahlreichen Interviews und Archivmaterial, das ebenfalls Einblick in die historischen Hintergründe, die Produktion des Films und die Hauptdarsteller bietet. Aber auch eine fünfminütige Würdigung des Films durch den US-Regisseur John Milius, ein Bericht William Holdens über die Premiere von "Die Brücke am Kwai" und ein Auftritt von Alec Guinness und William Holden in "The Steve Allen Show" fehlen nicht.



Trailer zu "Die Brücke am Kwai"



 

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