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Die Ermordung Matteottis

Autorenbild: Walter GasperiWalter Gasperi
"Die Ermordung Matteottis": Packender Politthriller über Mussolinis Machtübernahme
"Die Ermordung Matteottis": Packender Politthriller über Mussolinis Machtübernahme

Florestano Vancini zeichnete packend die Hintergründe der Ermordung des sozialistischen Politikers Giacomo Matteotti 1924 durch die Faschisten und die anschließende Machtdurchsetzung Benito Mussolinis nach. – Bei Pidax Film ist der mit Mario Adorf und Franco Nero stark besetzte Politthriller auf DVD erschienen. Mangelhaft sind allerdings Bild- und Tonqualität.


Die 1970er Jahre waren nicht nur in den USA des New Hollywood eine Blütezeit des engagierten Politthrillers, sondern auch in Italien nutzten Regisseure wie Francesco Rosi, Damiano Damiani und Florestano Vancini das Genre, um aktuelle oder historische gesellschaftliche und politische Missstände zu thematisieren.


In dem 1973 entstandenen Thriller "Die Ermordung Matteottis" arbeitet Florestano Vancini so die Machtdurchsetzung Benito Mussolinis auf. Mit Inserts, die von Archivfotos unterlegt sind, rafft der 1926 geborene Regisseur die Ereignisse nach dem Ende des Ersten Weltkriegs mit Gründung der konkurrierenden Parteien und Aufkommen des Faschismus bis zur Parlamentswahl 1924, bei der die Faschisten eine Zweidrittelmehrheit erreichten.


Unmittelbar daran anknüpfend setzt die eigentliche Handlung mit einer leidenschaftlichen Rede des Sozialisten Giacomo Matteotti (1885 – 1924; Franco Nero) für eine Annullierung dieser Wahlen ein. Deren Ergebnis resultiert seiner Meinung nach nämlich aus Manipulation, Behinderung der anderen Parteien und Einschüchterung der Wähler durch die Faschisten. Eindrücklich vermittelt Vancini die auf diese Rede folgenden tumultartigen verbalen Auseinandersetzungen im Parlament.


Zehn Tage später wird Matteotti am helllichten Tag auf offener Straße entführt. Parteimitglieder wenden sich an die Polizei mit der Aufforderung zu Ermittlungen, doch diese bleibt untätig. Schwierig gestalten sich die Verhandlungen der Oppositionsparteien bezüglich eines gemeinsamen Vorgehens gehen die Faschisten, sind ihre Positionen doch sehr unterschiedlich. Dennoch kommt es zu einem Schulterschluss zwischen der sozialistischen und der katholischen Partei.


Entschlossen ermittelt auch ein Richter und auch die Presse scheint Mussolini (Mario Adorf) in Bedrängnis zu bringen und einen Stimmungsumschwung in der Bevölkerung zu bewirken. Als Bauernopfer entlässt der Duce folglich seinen Pressesprecher sowie den Polizeichef und schreitet auch gegen die Verhaftung des Täters nicht ein, hebelt dann aber das Parlament aus und sorgt dafür, dass seine Schwarzhemden auch einen kritischen Journalisten mit brutaler Gewalt einschüchtern.


Unterstützt von Zeitinserts entwickelt Vancini dicht die Handlung. Nicht nur mit Kostümen und Ausstattung, sondern auch mit in Rotbraun getauchten Bildern evoziert er die Stimmung der 1920er Jahre. Mangelhaft ist dabei allerdings die Bild- und Tonqualität, denn speziell stark überbelichtete Szenen und Tonsprünge bei Szenenwechseln lassen sich wohl nicht mit künstlerischen Entscheidungen des Regisseurs erklären, sondern sind wohl auf die Verwendung einer schlechten Kopie als Basis für diese DVD zurückzuführen.


Doch trotz dieser technischen Mängel fesselt dieser Politthriller. Zwar fordert Vancini die Zuschauer:innen mit den zahlreichen Figuren und den komplexen politischen Ränkespielen, erzeugt aber durch die nüchtern-quasidokumentarische Nachzeichnung der Ereignisse und die treffsichere Aufdeckung der Tricks Mussolinis durchgängig Spannung.


Wesentlich trägt dazu neben der konzentrierten Inszenierung auch das starke Ensemble bei, aus dem Mario Adorf herausragt. Der deutsche Schauspieler ähnelt durch entsprechende Maske dem italienischen Diktator nicht nur physiognomisch frappant, sondern vermittelt auch eindrücklich dessen gefährliche Verschlagenheit und Gerissenheit bei der Ausschaltung demokratischer Einrichtungen.


Über den historischen Fall hinaus macht "Die Ermordung Matteottis" aber auch bewusst, wie wichtig es ist, gegen solche autoritären Entwicklungen möglichst früh einzuschreiten, zeigt aber auch die Schwierigkeiten dabei auf.


An Sprachversionen bietet die bei Pidax Film erschienene DVD die italienische Original- sowie die deutsche und spanische Synchronfassung, aber keine Untertitel. Die Extras beschränken sich auf ein deutsch untertiteltes zweieinhalbminütiges Interview mit Franco Nero, eine Bildergalerie und Trailer zu weiteren, bei diesem Label erschienenen Filmen.

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