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AutorenbildWalter Gasperi

Ebenso unnahbar wie elegant: Cate Blanchett


Carol (Todd Haynes, 2015)

Mit zwei Oscars und acht Nominierungen gehört die 54-jährige Cate Blanchett zu den absoluten Top-Stars des aktuellen Kinos. Das Berner Kino Rex und das Filmpodium Zürich widmen der gebürtigen Australierin diesen Sommer jeweils eine Filmreihe.


Ob historische Personen oder fiktive, ob im Arthouse-Kino oder im Blockbuster – immer wieder versteht es Cate Blanchett ihren Figuren eine Aura des Unnahbaren und der Kälte zu verleihen, gleichwohl kann sie auch die Leidenschaften und Sehnsüchte vermitteln, die darunter schlummern.


1969 in Melbourne als zweites Kind einer Lehrerin und eines texanischen Navy-Offiziers geboren, studierte sie zunächst Wirtschaftswissenschaften und Kunst, begann jedoch nach einer kleinen Filmrolle während eines Ägypten-Urlaubs eine Ausbildung zur Schauspielerin. Nach Rollen auf der Bühne und in Fernsehserien gelang ihr nach ihrem ersten Spielfilm "Paradise Road" (1997) mit der Verkörperung von Königin Elisabeth I. im Kostümfilm "Elisabeth" 1998 der Durchbruch.


In Martin Scorseses "Aviator" (2004) war sie die Idealbesetzung der burschikosen Katharine Hepburn und gewann dafür auch ihren ersten Oscar als beste Nebendarstellerin. Mit ihren blonden Haaren und ihrem kühl-berechnenden Auftreten ist sie aber auch geradezu prädestiniert für die Rolle der Femme fatale in Neo-Noir-Filmen. Während sie so in Steven Soderberghs im unmittelbaren Nachkriegs-Berlin spielenden "The Good German" (2006) Erinnerungen an Ingrid Bergmans Ilsa Lund in "Casablanca" weckte, knüpfte sie mit ihrer Rolle in Guillermo del Toros "Nightmare Alley" (2021) an die Film noir-Ikone Veronika Lake an.


Für die Verkörperung der Elbenherrscherin Galadriel in Peter Jacksons "Herr der Ringe"-Trilogie (2001 – 2003) bot sie sich mit ihrem fast statuenhaften Auftreten ebenso an wie für die Rolle der Lady Marian in Ridley Scotts "Robin Hood" (2010).


Wie wandelbar sie aber ist, bewies sie nicht nur in Todd Haynes´ "I´m Not There" (2007), in dem sie eine der sechs Facetten von Bob Dylan spielte, sondern vor allem auch in Woody Allens "Blue Jasmine" (2013). Den Oscar für die beste Hauptdarstellerin gab es für die Verkörperung einer der Oberschicht angehörenden New Yorkerin, die nach der Verhaftung ihres Mannes wegen krimineller Finanzgeschäfte mit dem verlorenen Wohlstand nicht zurecht kommt und an den neuen Verhältnissen zunehmend zerbricht. Unweigerlich an die Rolle von Gena Rowlands in John Cassavetes´ "Woman under Influence" lässt ihre Darstellung dieser psychisch labilen Frau denken, die keineswegs eine Sympathieträgerin ist, die einem spätestens in der Schlusseinstellung dennoch leid tun muss.


Ganz auf sie zugeschnitten ist auch Richard Linklaters Tragikomödie "Where´d You Go, Bernadette" (2019), in der sie wiederum eine Frau in einer Lebenskrise spielte, die nach Orientierung sucht, während sie in David Finchers "The Curious Case of Benjamin Button" (2008) als Partnerin Brad Pitts berührte, deren Traum von einer Karriere als Tänzerin durch einen Unfall zerbricht.


Von der zurückhaltenden Frau der Oberschicht wandelt sie sich in Todd Haynes´ Patricia Highsmith Verfilmung "Carol" (2015) zur leidenschaftlich Liebenden, als sie eine junge Verkäuferin kennenlernt. Doch Glück ist dieser lesbischen Beziehung im konservativen Amerika der 1950er Jahre nicht gegönnt, denn zu hoch ist für die Protagonistin der gesellschaftliche Preis, den sie für diese Liebe zahlen müsste.


Eine schauspielerische Tour de Force legte Blanchett in Julian Rosefeldts "Manifesto" (2015) hin, in dem sie in 13 Rollen schlüpft und verschiedenste Manifeste des 20. Jahrhunderts rezitiert. Bald verwandelt sie sich so in einen bärtigen und versifften Obdachlosen, um den „Situationismus“ zu präsentieren, bald steht sie als Brokerin an der Börse vor zahllosen Computerbildschirmen („Futurismus“) oder hängt als tätowierte Punkerin auf einer Party herum („Kreationismus“). Zur Hommage an die zweifache Oscarpreisträgerin und ihre phänomenale Wandlungsfähigkeit wird so Rosefeldts Grenzgang zwischen Film und Kunstprojekt, dessen Konzept der deutsche Regisseur auch zusammen mit seinem Star entwickelte.


Wie "Manifesto" ist auch "Tár" (2022) ohne Blanchett kaum denkbar und Regisseur Todd Fields erklärte auch ausdrücklich, dass er ohne diese Schauspielerin diesen Film nicht gedreht hatte. Auf den Leib geschrieben ist ihr die Rolle der kühlen Musikerin, die sich in dem von Männern dominierten Feld der Dirigenten bis an die Spitze hochgearbeitet hat. Zunehmend wird dabei aber hinter ihrem kühlen und eleganten Auftreten auch eine dunkle Seite sichtbar, wenn sie ihre Machtposition ausnützt, um Schützlinge ebenso zu fördern wie beruflich zu vernichten. - Faszinierend ist, mit welchem Facettenreichtum Blanchett diese Figur ausstattet und gespannt darf man auf folgende Rollen der Australo-Amerikanerin sein.



Weitere Informationen und Spieldaten finden sie auf Kino Rex Bern und Filmpodium Zürich.





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