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  • AutorenbildWalter Gasperi

Falling Into Place

Aylin Tezel erzählt in ihrem Regiedebüt von Menschen, die auf der Flucht vor sich selbst sind und erst zueinander finden können, als sie ihre Vergangenheit aufarbeiten: Ein stimmungsvolles Liebesdrama, das vom markanten Gegensatz der herben schottischen Isle of Sky und der pulsierenden Metropole London sowie starken Schauspieler:innen getragen wird.


Als Dortmunder "Tatort"-Kommissarin Nora Dalay wurde Aylin Tezel bekannt. Mit "Falling Into Place" präsentiert sich die Schauspielerin nun als Regisseurin, schrieb zudem das Drehbuch und spielt neben dem Schotten Chris Fulton auch eine der beiden Hauptrollen. Wüsste man es nicht besser, würde man dieses Liebesdrama für ein durch und durch britisches Werk halten, denn die Schauplätze des Films sind die schottische Isle of Sky und die Großstadt London und gesprochen wird ausschließlich Englisch.


Die verschneiten Hügel der schottischen Insel erzeugen schon in den ersten Bildern eine frostige Stimmung, die mit der Befindlichkeit der Protagonist:innen korrespondiert. Schon in der Busfahrt durch die Highlands beobachten sich die Bühnenbildnerin Kira (Aylin Tezel) und der erfolglose Musiker Ian (Chris Fulton) gegenseitig.


Während er für einen Besuch zu seinen Eltern zurückkehrt, versucht sie in der Abgeschiedenheit über die Trennung von dem Schauspieler Aidan, mit dem sie drei Jahre zusammen war, hinwegzukommen. Im Pub sehen sich Kira und Ian wieder, albern danach auf der Straße herum, unterhalten sich bis in den Morgen hinein, besuchen einen Freund Ians.


Kira bekommt auch Einblick in Ians familiären Probleme, vor allem in die zerbrochene Beziehung zu seiner jüngeren Schwester Annie, die an diesem Tag neuerlich einen Suizidversuch unternimmt. Sympathisch sind sich die beiden auf Anhieb und große Harmonie strahlt eine in goldgelbes Licht getauchte Szene aus, in der sie nebeneinander auf dem Bett von Kiras Hotelzimmer liegen und ruhig schlafen.


Doch zu schwer lasten die persönlichen Probleme auf ihnen, als dass sie wirklich zueinander finden könnten, und so trennen sich ihre Wege nach einem Tag ohne Austausch von Kontaktdaten abrupt und beide kehren, ohne vom anderen zu wissen, nach London zurück.


Parallel folgt hier Tezel ihren beiden Protagonist:innen durch ihren Alltag und ihre Aufarbeitung der Vergangenheit. So wie Kira und Ian sich ziemlich ziel- und orientierungslos durchs Leben bewegen, so mäandert auch der Film dahin und folgt mit viel Einfühlungsvermögen und Mitgefühl dem psychisch schwer angeschlagenen Duo. Bewegend wird so in knappen Szenen ihre Verlorenheit und ihre Suche nach Halt und einem Glück, das nicht in schnellem Sex, sondern einer tiefen und innigen Beziehung liegt, vermittelt.


An die Stelle der ebenso schönen wie herben schottischen Winterlandschaft, deren Weite im Cinemascope-Format besonders stark zur Geltung kommt, tritt dabei nicht nur die pulsierende Großstadt London, sondern mit der langsamen Selbstfindung hält auch wärmeres Frühlingslicht Einzug in "Falling Into Place".


Großartig steigert die stimmungsvolle Musik von Ben Lukas Boysen und Jon Hopkins die melancholische Stimmung und sicher hält Tezel bei der Parallelführung der Szenen die Fäden so in der Hand, dass man nie den Überblick verliert.


Getragen wird dieses kunstvoll gestaltete Drama aber von den beiden Hauptdarsteller:innen. Eindringlich macht Tezel den lange anhaltenden Schmerz Kiras über die Trennung von Aidan und ihre Angst mit einer neuen Beziehung wieder in alte Muster zu fallen ebenso spürbar wie Chris Fulton die Schwierigkeit zu seiner Schwester, zu der er einst einige Beziehung hatte, wieder Kontakt zu knüpfen und die alte Vertrautheit wiederherzustellen.


Doch die Regiedebütantin glaubt eben doch an die große Liebe und mögen sich Kira und Ian so auch immer wieder in der Millionenstadt verpassen, so gönnt ihnen Tezel doch zum Elvis-Hit "Can't Help Falling in Love" eine märchenhaft-romantische Schlussszene.  

   

 

Falling Into Place Deutschland / Großbritannien 2023 Regie: Aylin Tezel mit: Aylin Tezel, Chris Fulton, Rory Fleck Byrne, Alexandra Dowling, Olwen Fouéré, Samuel Anderson, Juliet Cowan, Mike Noble, Michael Carter, Cian Barry Länge: 113 min.



Läuft derzeit in den Schweizer Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen.



Trailer zu "Falling Into Place"

 


 

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