Der Filmwissenschaftler Thomas Brandlmeier stellt in seiner großartigen Monographie alle 44 Filme von Douglas Sirk vor und arbeitet detailreich und präzise die sich durchs ganze Werk ziehenden ironischen Brechungen und die Vorliebe für Unhappy Happy Ends heraus.
Satz für Satz spürt man bei "Douglas Sirk und das ironisierte Melodram", wie vertraut der Filmwissenschaftler Thomas Brandlmeier mit dem Werk des als Detlev Sierck 1897 in Hamburg geborenen Meisters des Melodrams ist. Über Jahrzehnte hat sich der Autor damit beschäftigt. Schon in den 1970er Jahren hat er mehrere Gespräche mit Sirk geführt, der damals Gastdozent an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film war, und 1974 den ersten Artikel über Sirk geschrieben.
Nur knapp zeichnet Brandlmeier das Leben Siercks nach: Auf die Anfänge beim Theater in den 1920er Jahren folgte mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten der Wechsel zum Film, weil er dort mehr Freiheiten hatte. 1937 konnte er dann mit seiner jüdischen Frau über die Niederlande in die USA emigrieren, wo er seinen Namen in Sirk abänderte. Nach schwierigem Start in Hollywood stieg er in den 1950er Jahren mit Filmen wie „All That Heaven Allows“, „Written on the Wind“, „The Tarnished Angels“ und „Imitation of Life“ zum Meister des Melodrams auf – und zog sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere 1959 von Hollywood nach Lugano zurück.
Detailreich arbeitet Brandlmeier, aufbauend auf einer Darstellung der Geschichte und Theorie des Meoldrams, bei Sirk wiederkehrende Motive wie die Auseinandersetzung mit der Familie, die Kritik an Amerika, die Rolle des Begehrens oder die Verarbeitung der Ostergeschichte in „The Magnificent Obsession“ heraus. Auch die Bedeutung wiederkehrender Bildmotive wie Treppen, Spiegel, Masken und Fenster wird präzise und, unterstützt von zwar eher kleinen, aber sorgfältig ausgewählten und gestochen scharfen Bildern, eindrücklich vermittelt.
Kernstück des Buchs ist aber die chronologische Beschreibung aller 44 Filme Sirks.
Brandlmeier spannt dabei den Bogen von den kurzen ersten deutschen Filmen über die deutschen Melodramen, mit denen Sirk Zarah Leander zum Star machte, und die großen amerikanischen Melodramen bis zu den drei Kurzspielfilmen, die in den 1970er Jahren im Rahmen von Sirks Lehrtätigkeit in München entstanden. Mit bestechender Detailkenntnis arbeitet Brandlmeier dabei die ironische Brechung und das Unhappy Happy End als durchgängige Merkmale nicht nur seiner Melodramen, sondern auch beispielsweise der Kriminalkomödie „Lured“ (1946/47) oder des Western „Taza, Son of Cochise“ (1953) heraus.
Abgerundet wird diese Monographie, die aufgrund ihrer ebenso präzisen wie detaillierten Analysen von Sirks Filmen als Standardwerk zu diesem Regisseur gelten darf, durch eine ausführliche Filmographie und umfangreiche Literaturhinweise.
Thomas Brandlmeier, Douglas Sirk und das ironisierte Melodram, Edition text + kritik, München 2022. 222 S., € 20, ISBN 978-3-96707-610-3
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