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Filmbuch: French noir essential

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • vor 1 Tag
  • 3 Min. Lesezeit
"French noir essential": Das zehnte Sonderheft der Filmzeitschrift "35mm – Das Retro-Filmmagazin" widmet sich dem französischen Film noir
"French noir essential": Das zehnte Sonderheft der Filmzeitschrift "35mm – Das Retro-Filmmagazin" widmet sich dem französischen Film noir

Klein, aber fein: Das zehnte Sonderheft der Filmzeitschrift "35mm – Das Retro-Filmmagazin" widmet sich dem französischen Film noir und stellt 24 teils bekannte Meisterwerke, teils aber auch vergessene Perlen vor.


Wie gewohnt nur 52 Seiten umfasst auch dieses Heft der "essential" betitelte Reihe, besticht aber – wie schon die vorangegangenen Hefte – durch Aufbau und Informationsdichte. Wiederum werden jeweils auf einer Doppelseite, mit einem Filmstill auf der linken und einem Text auf der rechten Seite insgesamt 24 Filme vorgestellt.


Kuratiert wurde das Sonderheft von Matthias Merkelbach, der nicht nur Redaktionsmitglied von "35mm – Das Retro-Filmmagazin" ist, sondern als Herausgeber der Internetseite www.der-film-noir.de mit seinem herausragenden Fachwissen über diese Stilrichtung für diese Aufgabe auch prädestiniert ist.


Merkelbach steuert mit 13 Texten auch den Großteil der Filmvorstellungen bei, doch daneben kommen auch sieben weitere Autoren zu Wort, die mit ihren unterschiedlichen Ansätzen und Blickwinkeln für Abwechslung sorgen.


Der Bogen der chronologisch angeordneten Filme spannt sich von Jean Renoirs "Die Hündin" ("La Chienne", 1931) bis zu Jean-Pierre Melvilles "Der Teufel mit der weißen Weste" ("Le Doulos", 1962). Dass auf spätere Produktionen wie weitere Filme von Melville oder Werke von Alain Corneau oder Henri Verneuil, die auch dem French noir zuzuordnen sind, verzichtet wurde, lässt sich damit erklären, dass der Fokus dieses Magazins auf den Jahren vom Beginn der Filmgeschichte bis 1965 liegt.


Erwartungsgemäß stark vertreten ist der Poetische Realismus der Vorkriegszeit, der allgemein als wichtiger Einfluss für den amerikanischen Film noir gilt. Vorgestellt werden hier mit Julien Duviviers "Im Dunkel von Algier" ("Pepe le Moko", 1938), Marcel Carnés "Hafen im Nebel" ("Le quai de brumes", 1938) und "Der Tag bricht an" ("Le jour se lève", 1939) sowie Jean Renoirs "Bestie Mensch" ("La bête humaine", 1938) die großen Klassiker dieser Stilrichtung.


Während auch Henri-Georges Clouzots düsteren Krimis "Der Rabe" ("Le corbeau", 1943) und "Unter falschem Verdacht" ("Quai des orfèvres", 1947) sowie Jacques Beckers "Goldhelm" ("Casque d´or", 1952) und "Wenn es Nacht wird in Paris" (Touchez pas au Grisbi", (1953) oder Louis Malles "Fahrstuhl zum Schafott" ("L’Ascenseur pour l’échafaud", 1958) zu den bekannten Klassikern der Filmgeschichte zählen, fehlen aber auch vergessene Perlen nicht.


Lust auf eine Entdeckung von Jacques Feyders und Marcel Blistènes "Zur roten Laterne" ("Macadam", 1946), Yves Allegrets "Die Schenke zum Vollmond" ("Dédée d’Anvers", 1948) oder Edouard Molinaros "Der Mörder kam um Mitternacht" ("Un témoin dans la ville", 1959) wird so geweckt, gleichzeitig weist Chefredakteur Jorg Mathieu aber schon im Editorial darauf hin, dass es sich bei den 24 Filmen nur um eine Auswahl handelt und darauf geachtet wurde auch Filme vorzustellen, "die noch nicht massenhaft besprochen und in jeder Online Liste bereits genannt wurden".


Dass es hier noch wesentlich mehr zu entdecken gäbe, wird immer wieder sichtbar, wenn bei den Filmvorstellungen auf weitere French noirs von Edouard Molinaro oder mit Louis Jouvet oder Lino Ventura hingewiesen wird. Darüber hinaus bieten die Texte aber immer eine treffliche Mischung aus kurzer Skizzierung des Inhalts, Charakterisierung der Figuren, Hinweise auf bei Regisseuren wiederkehrende Motive wie die Eingeschlossenen bei René Clement oder Verweise auf Remakes sowie DVD/Blu-ray-Editionen der jeweiligen Filme.


Die Zusammenschau speziell der Nachkriegsfilme macht zudem deutlich, dass im French noir im Gegensatz zum durch den Hays Code gebundenen amerikanischen Film noir immer wieder offen von Prostituierten erzählt und die Zuschauer:innen in deren Milieu entführt werden.


So vermitteln die 24 Texte nicht nur ein eindrückliches Bild von der Entwicklung des French noir vom Poetischen Realismus bis in die 1960er Jahre und vom Reichtum und der Vielfalt dieser Stilrichtung, sondern weckt auch große Lust die vorgestellten Filme neu zu entdecken oder nochmals zu sehen. – Nicht zu überschätzende Dienste leistet diese Publikation freilich auch bei der Kuratierung einer allfälligen Filmreihe zum French noir.

 

 

French noir essential, 35 mm – Das Retro-Filmmagazin Sonderausgabe Nr. 10, Saarbrücken 2024, 52 S., € 6,90 – Bestelladresse: https://35mm-retrofilmmagazin.de/produkt/35-millimeter-sonderausgabe-10-french-noir-essential/ 

 

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