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AutorenbildWalter Gasperi

Filmbuch: Ghibliothek


Die Briten Michael Leader und Jake Cunningham stellen auf 190 Seiten die 24 Kinofilme des legendären Ghibli-Studios vor: Ein spannender Einblick in die Welt des japanischen Animationsstudios und dessen zentrale Regisseure.


Schon in der Einleitung ist die Begeisterung des Autoren-Duos für die Filme des Ghibli-Studios zu spüren, wenn der erklärte Ghibli-Fan Michael Leader erläutert, wie er Jake Cunningham diese Animationsfilme nahebrachte. Einblick in die Entstehung des Buchs wird hier ebenso geboten wie in die sich nur langsam entwickelnde internationale Resonanz auf diese Filme. Aber auch über ihren Besuch im Ghibli-Museum in Tokio informieren die Autoren und weisen darauf hin, dass sie sich in diesem Buch auf die langen Kinofilme beschränken und Kurzfilme, Werbespots und Spin-offs nicht berücksichtigen.


Auf diesen Einstieg werden in jeweils gleichem Aufbau chronologisch die 24 Kinofilme des Ghibli-Studios, dessen Name auf das italienische Flugzeug „Caproni Ca. 309 Ghibli“ zurückgeht, vorgestellt. Auf jeweils rund drei Seiten zur Produktion der Filme folgen eine Beschreibung des Inhalts und eine Kritik des jeweiligen Films.


Großzügige Bebilderung mit Filmstills, jeweils einem Filmplakat, aber auch Fotos von den Machern bieten dabei Augenfutter. Etwas beeinträchtigt wird der Lesegenuss allerdings durch die extrem kleine Schrift.


Im Zentrum stehen die beiden gegensätzlichen Großmeister Hayao Miyazaki und Isao Takahata, aber immer wieder wird auch die Frage nach möglichen Nachfolgern aufgeworfen, die dann auch bei einzelnen Filmen zum Zug kamen.


Wiederkehrende Themen wie die Umweltthematik und die Sorge um die Zerstörung der Natur und Welt, Essensszenen oder der Blick für das Magische in der alltäglichen Welt werden ebenso herausgearbeitet wie Miyazakis sich durch seine Filme ziehende Flugbegeisterung oder Takahatas aufwändige Recherchen als Voraussetzung für den Realismus seiner Filme.


Bei jedem Film bieten die Autoren auch jeweils Einblick in den kommerziellen Erfolg in Japan sowie in den internationalen Durchbruch mit "Chihiros Reise ins Zauberland" (2001). Obwohl die Begeisterung Leaders und Cunninghams durchgehend spürbar ist und sie unübersehbar leidenschaftliche Fans der Ghibli-Filme sind, verfallen sie nicht in kritiklose Lobhudelei, sondern weisen auch immer wieder auf Schwächen einzelner Filme hin.


So wird bei "Das Schloss im Himmel" (1986) die Zeichnung des Antagonisten als enttäuschend eindimensional bemängelt und bei "Chihiros Reise ins Zauberland" der aus Sicht der Autoren überladene und etwas unbefriedigende Plot ebenso kritisiert wie bei "Die Legende der Prinzessin Kaguya" (2013) die schwach gezeichnete, blasse Frauenfigur.


Plastisch wird auch die Gegensätzlichkeit von Miyazaki und Takahata herausgearbeitet. Da steht nicht nur dem teils schroffen Perfektionisten Miyazaki mit Takahata ein Regisseur gegenüber, der sich sehr schwer tut, sich an Deadlines zu halten und sich für seinen letzten Film "Die Legende der Prinzessin Kaguya" schier endlos Zeit ließ, sondern auch der unterschiedliche Animationsstil wird aufgezeigt. Denn im Gegensatz zu den farbintensiven Filmen von Miyazaki arbeitet Takahata speziell in "Die Legende der Prinzessin Kaguya" mit Aquarelltexturen und Bleistiftskizzenästhetik.


Auch wenn insgesamt tiefschürfendere Analysen möglich gewesen wären und beispielsweise bei "Wie der Wind sich hebt" die Autoren doch auch auf den Einfluss von Thomas Manns "Der Zauberberg" hinweisen hätten können, bietet "Ghibliothek – Der inofffizielle Guide zu den Filmen von Studio Ghibli" insgesamt doch einen ziemlich umfassenden Einblick in die Kinofilme dieses Studios. Mit seinem klaren Aufbau funktioniert das Buch auch bestens als Nachschlagewerk, weckt aber vor allem große Lust die vorgestellten Filme selbst zu entdecken oder bald wiederzusehen.



Michael Leader / Jake Cunningham, Ghibliothek. Der inoffizielle Guide zu den Filmen von Studio Ghibli, Panini Verlag, Stuttgart 2022, 192 S., € 30,84, ISBN 978-3-8332-4262-5


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