Von George A. Romero bis zu "The Walking Dead": Sassan Niasseri zeichnet in seinem im Schüren Verlag erschienenen Buch ebenso informativ wie unterhaltsam die Geschichte des Zombie-Films nach.
Nachdem Sassam Niasseri in "A Lifetime Full of Fantasy" Einblick in die Geschichte des Phantastischen Kinos von Ralph Bakshis Animationsfilm "Der Herr der Ringe" (1978) und John Boormans "Excalibur" (1981) bis zur Gegenwart geboten hat, widmet er sich nun dem Zombiefilm.
Ausgespart bleiben frühe Filme wie Victor Halperins "White Zombie" (1932) oder Jacques Tourneurs "I Walked with a Zombie" (1943). Der Fokus liegt ganz auf der Zeit ab George A. Romeros "Night of the Living Dead" (1968), mit dem erst die Ära der Untoten anbrach, die Menschen verfolgen und sich von deren Fleisch ernähren.
Auf eine Einleitung über das Wesen eines Monstrums und die Besonderheit der Zombies im Vergleich mit Dracula, Frankensteins Kreatur und Werwölfen folgt die chronologische Nachzeichnung der Geschichte des Genres. Breiten Raum nehmen dabei selbstverständlich George A. Romeros beiden großen Trilogien "Night of the Living Dead" (1968), "Zombie – Dawn of the Dead" (1978) und "Zombie 2 – Day of the Dead" (1985) sowie "Land of the Dead" (2005), "Diary of the Dead" (2007) und "Survival of the Dead" (2009) ein.
Die Entstehungsgeschichte und der Inhalt der Filme werden dabei ebenso ausführlich geschildert wie besondere Figurenkonstellationen und die – zumindest bei "Night of the Living Dead" – von den Filmemachern gar nicht beabsichtigten gesellschaftspolitischen Implikationen. Auch wenn in der detailreichen Darstellung Niasseris Begeisterung für dieses Subgenre des Horrorfilms stets spürbar ist, verfällt der Autor nie in Lobhudelei, sondern übt auch durchaus heftige Kritik an den späten Filmen Romeros.
Auf Zensur und Indizierung der Filme blickt der Autor ebenso wie auf die unterschiedlich langen Fassungen speziell von "Zombie – Dawn of the Dead". Eingearbeitet in die Darstellung sind dabei auch Interviews mit Romeros Drehbuchautor John A. Russo, der als Erfinder der fleischfressenden Zombies gilt, sowie den Schauspielerinnen Judith O´Dea, die die weibliche Hauptrolle in "Night of the Living Dead" spielte, der "Zombie – Dawn of the Dead"-Hauptdarstellerin Gaylen Ross, den "Zombie 2 – Day of the Dead"-HauptdarstellerInnen Lori Cardille und Tory Alexander und Eugene Clarke, der in "Land of the Dead" erstmals einen Zombie als Helden darstellen durfte.
Während die Interviewten Einblicke in ihre Rollen ebenso wie ins Casting oder die Arbeit mit Romero bieten, stellt Niasseri selbst die einzelnen Zombie-Filme immer wieder in den filmgeschichtlichen und gesellschaftlichen Kontext. Auf zeitgleiche filmische Entwicklungen weist er ebenso hin wie auf die filmische Rezeption der Filme.
Auch wenn dabei Romero als Großmeister des Zombiefilms dem Buch den Stempel aufdrückt, so kommen doch mit der detaillierten Präsentation von insgesamt 25 Filmen auch Romeros Nachfolger und Ableger nicht zu kurz. Prototypisch für die zahllosen italienischen Billigproduktionen wird so Lucio Fulcis trashiger "Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies" (1979) vorgestellt und auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen "Night of the Living Dead" und Tom Savinis Remake "Die Rückkehr der Untoten" (1990) werden ausführlich herausgearbeitet.
Nicht fehlen darf auch Peter Jacksons "Braindead" (1992), die "Resident Evil"-Serie (ab 2002), die zu einem Wegbereiter des Survival Horrors wurde, und Danny Boyles und Alex Garlands "28 Days Later" (2002), bei dem Niasseri vor allem die Bedeutung der Inselsituation Englands für den Film beleuchtet.
Zack Snyders Remake von Romeros "Dawn of the Dead" (2004) und Edgar Wrights Komödie "Shaun of the Dead" (2004) werden vor dem Hintergrund der Krisen des 21. Jahrhunderts wie 9/11 und dem War on Terror untersucht und ebenso ausführlich wie kritisch blickt der Autor auch auf die Sinnhaftigkeit der Vorbereitungen und Schutzmaßnahmen (=preppen), die in den Filmen immer wieder gegen die Zombies getroffen werden.
Überraschend hart geht Niasseri dabei immer wieder mit den vorgestellten Filmen ins Gericht. Nicht nur Romeros "Survival of the Dead" sieht er als misslungenen Film an, sondern auch "World War Z" (2013) als "atemloses Gewirr" (S. 150) und wenig Gnade findet auch Jim Jarmuschs "The Dead Don´t Die" (2019), der "verloren auf der Metaebene" (S. 155) sei.
Andererseits wird mit "Train to Busan" (2016) auch eine koreanische Produktion vorgestellt und ausführlich widmet sich das Buch der Rolle von Matthias Schweighöfer als Safeknacker in Zack Snyders Heist-Movie "Army of the Dead" (2021) und dem vom deutschen Star selbst inszenierten Prequel "Army of Thieves" (2021). Dabei thematisiert Schweighöfer im Interview auch sein Interesse an der Auseinandersetzung mit Männerbildern und die aktuellen Bezüge zu Corona und Querdenkern.
Abschließend dürfen natürlich auch die TV-Serien "The Walking Dead" (2010 - 2022) und "Z Nation" (2014 - 2018) sowie ein Blick auf die Zukunft des "Walking Dead"-Universums nicht fehlen und anhand der Komödie "Warm Bodies" (2013) wird aufgezeigt, wie mit einem smarten und jugendlichen Zombie versucht wird, auch ein Teenager-Publikum für diese Filme zu gewinnen.
Insgesamt darf man "Shoot´em in the Head" angesichts der Fülle der Informationen, die geboten werden, wohl als Basiswerk zum Thema "Zombiefilme" bezeichnen. Erhöht wird der Wert des Buches dabei noch dadurch, dass es sich nicht um eine trockene wissenschaftliche Abhandlung handelt, sondern dass die Leser:innen durch den lockeren Schreibstil sowie durch Hintergrundinformationen und Anekdoten der Interviewten auch bestens unterhalten werden.
Sassan Niasseri, Shoot ´em in the Head. Eine Film- und Seriengeschichte der Zombies, Schüren Verlag, Marburg 2023, 200 S., € 28, ISBN 978-3-7410-0432-2 (E-Book und pdf: € 22,99)
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