Ein Vulkanologen-Paar als Filmthema? – Die Amerikanerin Sara Dosa macht daraus einen bildgewaltigen und spannenden Dokumentarfilm, der auch die Bedeutung wissenschaftlicher Forschung herausstreicht.
Über unterschiedlichste Themen und Personen wurden schon Dokumentarfilme gemacht, doch über Vulkanologen dürfte es noch keinen Film geben. Eher ungewöhnlich ist auch, dass Sara Dosa mit Katia (1942 - 1991) und Maurice Krafft (1946 - 1991) nicht ein lebendes Paar porträtiert, sondern eines, das schon vor mehr als 30 Jahren verstorben ist. Kein eigenes Filmmaterial verwendet die Amerikanerin folglich, auch keine Zeitzeug*innen oder Expert*innen kommen zu Wort, sondern ganz auf Archivmaterial vertraut die Regisseurin.
Neben dem hunderte Stunden umfassenden Filmmaterial der beiden elsässischen Protagonist*innen greift Dosa dabei auch auf Fernsehsendungen, in denen die beiden Vulkanologen auftraten, Nachrichtensendungen und Aufnahmen anderer Vulkanologen zurück. Trotz digitaler Restaurierung mangelhaft ist zwar vielfach die Qualität der alten und körnigen Bilder, doch der Bildmacht des im engen 4:3 Format gehaltenen Dokumentarfilms kann dies nichts anhaben, verstärkt vielmehr den Eindruck der Authentizität.
Mit der letzten Aufnahme des Paares am 3. Juni 1991 lässt Dosa den Film einsetzen, nimmt damit den Tod der beiden Vulkanologen schon vorweg. Erst danach spannt die Filmemacherin den Bogen von der ersten Begegnung der Geochemikerin und des Geologen im Jahr 1966 über die Hochzeit 1970 und die Erforschung von mehr als 300 Vulkanen bis zum Ausbruch des japanischen Vulkans Unzen im Juni 1991.
Das umfangreiche Archivmaterial hat Dosa zu einer eindrücklichen Bildkollage montiert und die Multimediakünstlerin und Filmemacherin Miranda July erzählt und kommentiert aus dem Off die Geschichte des Paares und ihrer Forschung. Spielerisch werden dabei aber auch Animationsszenen eingebaut oder verschiedene mögliche Varianten über die erste Begegnung der Kraffts durchgespielt.
Leichtigkeit und Poesie entwickelt "Fire of Love" durch diese befreite, nicht zwingend dem Faktischen verpflichtete Form. Gleichzeitig erzählt Dosa aber auch eindrücklich von der blinden Übereinstimmung, der Synchronität und der gegenseitigen Ergänzung der beiden Vulkanologen, aber auch vom Wagemut, vor allem von Maurice, der mehrfach betont, dass ihm ein kurzes intensives Leben lieber sei als ein langes eintöniges. Wie weit er in seinem Einsatz gehen will, zeigt sich, wenn er vom Traum erzählt, mit einem Kanu auf einem glühenden Lavastrom zu fahren. Menn dieser Strom dann auch noch ins Bild gerückt wird, wird klar, wie irr dieser Plan ist.
Doch dass Maurice auch höchst riskante Unternehmungen umsetzt, zeigt sich, wenn er mit einem Kollegen in einem Schlauchboot auf einem hochgradig säurehaltigen See fährt. So hochspannend diese Szene ist, so wahrhaft atemberaubend sind die Bilder des Ausbruchs des US-Bundesstaat Washington gelegene Mount St. Helens im Jahr 1980. Die Kraft von 500 Atombomben des Hiroshima-Typs hatte diese gewaltige Eruption.
Vor allem auf solche grauen Vulkane oder Killervulkane spezialisierten sich die Kraffts. Klar ist dabei immer, dass sie einmal ausbrechen werden und auch Anzeichen für einen baldigen Ausbruch können erforscht werden. In diesen Prognosen, die mit Forderungen an die Behörden verbunden sind, Schutzmaßnahmen wie Evakuierungen durchzuführen, wird auch die Bedeutung der Forschung und der Wissenschaft im Allgemeinen aufgezeigt.
Welch verheerende Folgen es haben kann, wenn darauf nicht gehört wird, zeigte sich 1985 beim Ausbruch des kolumbianischen Vulkans Nevada del Ruiz, bei dem über 22.000 Menschen in den Schlammlawinen ums Leben kamen, weil die Behörden die geforderte Evakuierung aus Kostengründen ablehnten.
Immer wieder wird dabei in diesen Bildern von gewaltigen Staubwolken, Vulkanbomben, die durch die Luft fliegen, bis sie am Boden mit lautem Krachen zerschellen, von Schlamm- und Staublawinen oder glühenden Lavaströmen die zerstörerische Macht und Kraft der Vulkane spürbar. Gleichzeitig wird aber auch immer wieder deren Schönheit und Faszination beschworen und der Widerspruch aufgezeigt, dass dieser zerstörerische Schlamm gleichzeitig auch sehr fruchtbare Erde ist.
So entführt "Fire of Love" in eine wenig bekannte, aber faszinierende Welt und setzt gleichzeitig einem Paar, das sein ganzes Leben der Erforschung der Vulkane widmete, ein liebevolles Denkmal.
Fire of Love USA / Kanada 2022 Regie: Sara Dosa Dokumentarfilm mit: Miranda July, Katia Krafft, Maurice Krafft Länge: 98 min.
Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen und im Skino Schaan
Trailer zu "Fire of Love"
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