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AutorenbildWalter Gasperi

Im Kino: On the Rocks


Die Parallelen zu Sofia Coppolas Erfolgsfilm "Lost in Translation" sind unübersehbar: Wurde dort eine quasi Vater-Tochter-Geschichte erzählt, ist es hier eine echte. Und wieder spielt Bill Murray die männliche Hauptrolle. - Eine leichthändig inszenierte Komödie, die hinter der Oberfläche auch über Schwierigkeiten des Familienlebens reflektiert und den Zuschauer mit einem Schmunzeln aus dem Kino entlässt.


Ein aus dem Off eingesprochener Dialog, in dem eine Männerstimme betont, dass die Tochter quasi sein Besitz sei, stimmt schon auf den übermächtigen Vater ein, als der sich Bill Murray, dessen Auftritt durch die Musik vorbereitet und akzentuiert wird, nach 15 Minuten präsentiert. Mehr an anderen Frauen als an der Familie war der Kunsthändler immer interessiert, jetzt will er sich aber um seine Tochter Laura kümmern und mischt sich zunehmend in ihr Leben ein.


Offen bleibt, inwieweit Sofia Coppola in ihrem siebtem Spielfilm eigene Erfahrungen mit ihrem Übervater und Filmmogul Francis Ford Coppola verarbeitet hat. In der zweifachen Mutter Laura (Rashida Jones), die mit der Arbeit an ihrem Buch nicht weiterkommt, und die das Verhalten ihres Mannes zunehmend irritiert, kann man aber wohl teilweise ein Alter Ego der Regisseurin sehen.


Schon seltsam ist, wie ihr Mann Dean (Marlon Wayans) sie, während sie schläft, zunächst leidenschaftlich küsst, dann aber plötzlich das Interesse verliert, als er ihr ins Gesicht sieht und sie erkennt. – Hat er an eine andere Frau gedacht? Und was ist von dem Frauen-Kulturbeutel zu halten, den Laura nach einer Geschäftsreise Deans in seinem Koffer findet. - Ihr Mann hat freilich eine Erklärung dafür und seine häufige Abwesenheit erklärt er mit dem Aufbau der neuen Firma. Aber läuft da vielleicht doch mehr mit seiner Mitarbeiterin Fiona?


Als Laura ihren Vater darüber informiert, ist dieser als ausgesprochener Womanizer sofort überzeugt, dass Dean eine Affäre hat, lässt ihn von einem Detektiv überwachen und macht sich nachts auch selbst mit Laura auf, ihm hinterher zu spionieren….


Von der Figurenkonstellation älterer Herr und jüngere Frau erinnert "On the Rocks" natürlich an Coppolas wohl größten Erfolg "Lost in Translation" und nicht nur die Besetzung der männlichen Hauptrolle mit Bill Murray, sondern auch die weibliche Hauptdarstellerin Rashida Jones verstärkt mit ihrer äußeren Ähnlichkeit mit Scarlett Johansson diese Assoziation. An die Stelle von Tokio ist hier ein schickes, vor allem nächtliches New York getreten und an die Stelle der Verträumtheit und Melancholie der bittersüßen Fast-Liebesgeschichte zweier Fremder, die sich zufällig in einem Hotel in der japanischen Metropole begegnen, die Vertrautheit eines Vaters und einer Tochter.


Auch hier gelingt es Coppola bei einer Party leichthändig die Oberflächlichkeit und Leere solcher Veranstaltungen zu evozieren, vor allem bietet der Film aber eine Plattform für Bill Murray, dessen Rolle ein Mix aus seiner Rolle in "Lost in Translation" und der in Jim Jarmuschs "Broken Flowers" ist, in dem er als alternder Frauenheld seine einstigen Geliebten aufsuchte.


Wie Truffaut sagte, dass Filme dazu da seien, um schöne Frauen schöne Dinge tun zu lassen, so scheint "On the Rocks" da zu sein, um Bill Murray mehr oder weniger witzige Dinge machen zu lassen. Wie immer spielt der US-Star natürlich souverän diesen im Grunde übergriffigen Vater, der jede Frau anspricht und mit seiner Eloquenz und seinem Charme früher offensichtlich auch problemlos jede Menge Eroberungen gemacht hat, inzwischen aber in die Jahre gekommen ist. Eine Trouvaille ist einfach, wie er nach einer wilden Verfolgungsjagd mit einem knallroten Cabrio durch das nächtliche New York auch einen Polizisten, der ihm einen Strafzettel verpassen will, für sich gewinnt und schließlich von ihm sogar Pannenhilfe erhält.


Für die Haupthandlung ist diese Szene völlig unwichtig, dient höchstens der Charakterisierung von Murrays anachronistischem Macho, soll aber wohl vor allem Vergnügen bereiten. Mag dieser – immer wieder auch peinliche – Charmeur, der wohl auch aus Langeweile seine Tochter vermehrt aufsucht und Ermittlungen gegen deren Mann einleitet, auch der Motor von "On the Rocks" sein, so ist die zentrale Figur doch Laura. Denn neben der Vater-Tochter-Geschichte erzählt Coppola beiläufig auch Einiges über die Belastungen einer berufstätigen Mutter, die sich auch um zwei kleine Kinder kümmern muss, über Angst vor männlicher Untreue, aber auch über ihre Lösung vom dominanten Vater.


Wenn Laura schließlich die vom Vater geschenkte Uhr ab- und die ihres Mannes anlegt, markiert dies ebenso gewissermaßen eine Abnabelung und der Beginn eines neuen Abschnitts in ihrem Leben, wie der Umstand, dass sie am Ende pfeifen gelernt hat, quasi ihre eigene Musik spielt und nicht mehr nach den Pfeiftönen des Vaters tanzt.


Das gefällt, weil das lakonisch und mit feiner Ironie im Blick auf Murrays Figur inszeniert ist, und der Film sich selbst nicht so wichtig nimmt, sondern sich fast schon als leichthändige Fingerübung ausgibt, aber gerade dadurch charmant unterhält und den Zuschauer gelöst und mit einem Lächeln auf den Lippen aus dem Kino entlässt.


Läuft derzeit im Kino Rio in Feldkirch


Trailer zu "On the Rocks"



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