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  • AutorenbildWalter Gasperi

Immer wieder Dienstag

Es ist nie zu spät: Die Schwedin Annika Appelin feiert in ihrem von einem lustvoll aufspielenden Ensemble getragenen Feelgood-Movie einen Aufbruch und Neustart im Alter.


Von den ersten Bildern an erzeugt Annika Appelin mit kräftigen warmen Farben und einem Chanson von Charles Aznavour eine ebenso sanfte wie optimistische Stimmung. Von klassischen Pophits wie Marvin Gayes und Tammi Terrells "Aint´ No Mountain High Enough" oder Roxettes "She´s Got the Look" bis zu Country- und Westernmusik bei einer Party spannt die Schwedin in den folgenden 100 Minuten den Bogen, um bei den Zuschauer:innen immer wieder das Wohlgefühl zu verstärken.


Karin (Marie Richardson) und Sten (Björn Kjellman) wollen mit Freunden und Tochter Fredrika (Ida Engvoll) ihren 40. Hochzeitstag feiern. Die ganzen Vorbereitungen liegen dabei freilich bei Karin, während der selbstverliebte Ehemann nur hier und da aus den Speisen etwas herauspickt. Appelin jedenfalls kann schon hier Karins Kochkünste demonstrieren und kulinarische Köstlichkeiten präsentieren.


Mit der Feierlaune ist es aber rasch vorbei, als Karin eine SMS an Sten entdeckt, die eindeutig auf eine Affäre verweist. Gerade als der Mittsechziger seine körperliche Fitness den Gästen präsentieren will, konfrontiert sie ihn mit dem Bild – und erschrocken folgt ein schwerer Sturz, der ihn ins Krankenhaus bringt.


Karin besucht ihn zwar immer wieder, doch ihr Verhalten ihm gegenüber ist sichtlich frostig. Neuen Schwung erhält ihr Leben, als sie zufällig die Schulfreundin Monika (Carina Johansson) trifft, die jahrelang um die Welt reiste. Ständig plappernd, sucht die temperamentvolle Heimkehrerin den Kontakt zu Karin, lädt sie zum Essen in einem asiatischen Restaurant ein, das sie begeistert und anregt, einen vom Koch angebotenen Kurs zu besuchen.


Ins Boot holen sie auch noch Freundin Pia (Sussie Eriksson) und bilden bald mit einem schwulen Pärchen und einem jüngeren Klempner, der in erster Linie eine Partnerin sucht, eine sehr divergente Kochgruppe. Schwer zu ertragen ist zunächst zwar der missmutige Koch Henrik (Peter Stormare), dem sowohl die Leidenschaft fürs Kochen als auch jede Empathie für Menschen abhanden gekommen zu sein scheint, doch Karin bringt diese harte Schale mit ihrer Offen- und Direktheit langsam zum Platzen und eine Liebe entwickelt sich.


Doch soll sie für diese Beziehung ihre 40-jährige Ehe mit Sten aufgeben? Soll sie zur Hausarbeit zurückkehren und den verwöhnten Gatten weiter nach Strich und Faden bedienen oder endlich ihren Traum vom Kochen, den sie in jungen Jahren aufgrund der Schwangerschaft aufgab, mit ihren Freundinnen endlich doch noch realisieren und eine Catering-Firma gründen?


So geht es einerseits um einst verpasste Chancen, um das Altern und vor allem um weibliche Selbstbehauptung, andererseits gibt es aber auch noch Tochter Fredrika, die vor dem 40. Geburtstag steht und in einer veritablen Midlife-Crisis steckt. Wird sich auch für sie eine neue Perspektive für die Zukunft öffnen?


Von Alexander Paynes "About Schmidt" (2002) über Barbara Kulcsars "Die goldenen Jahre" (2022) bis zu Philippe Lefebvres "Adieu Chérie – Trennung auf Französisch" (2023) erzählten Filme in den letzten Jahren – auch mit Blick auf ein älteres Publikum - immer wieder von einem Neustart im Alter. Wirklich Neues fügt Appelin diesen Filmen kaum hinzu, unterhält aber mit flotter Erzählweise, einem blendend aufgelegten Ensemble, aus dem Marie Richardson als Karin, Carina Johanssons vor ansteckendem Enthusiasmus sprühende Monika und Peter Stormare als Koch mit liebevollem Kern unter rauer Schale hervorstechen.


Dazu kommen die kulinarischen Köstlichkeiten, die Appelin mit dem Kochkurs ins Spiel bringen kann. Keine schwedische Kost, sondern farbenprächtige asiatische Köstlichkeiten werden dabei zubereitet und anschließend freilich auch genossen.


Die Erschütterung, die die Affäre Stens auslöst, wird so ebenso rasch vom Tisch gefegt wie mit einer Party die Midlife-Crisis Fredrikas. Nicht bohrend und quälend realistisch wie teilweise die dänischen Dogma-Filme wie beispielsweise Thomas Vinterbergs "Das Fest" (1999) will "Immer wieder Dienstag" sein, sondern vor allem Wohlgefühl will Appelin verbreiten und Mut machen, einen Neubeginn auch mit 60 zu wagen als im eingefahrenen Trott das Leben vorüberziehen zu lassen.


Von selbst versteht sich dabei, dass Ecken und Kanten fehlen und sich am Ende alles in Wohlgefallen auflösen muss. Allein schon diese Harmoniesucht verhindert, dass diese Komödie ein irgendwie bedeutender oder großer Film ist, aber sympathische und kurzweilige Unterhaltung, die freilich auch ohne großen Nachhall bleibt, wird dennoch geboten.

 

 

Immer wieder Dienstag - Tisdagsklubben Schweden 2022 Regie: Annika Appelin mit: Marie Richardson, Peter Stormare, Sussie Eriksson, Carina Johansson, Björn Kjellman, Ida Engvoll, Klas Wiljergård, Maria Sid Länge: 102 min.


Läuft derzeit in den österreichischen Kinos, z.B. im Metrokino Bregenz - und ab 12.9. in den deutschen Kinos.


Trailer zu "Immer wieder Dienstag"



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