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Louise und die Schule der Freiheit - Louise Violet

Autorenbild: Walter GasperiWalter Gasperi
"Louise und die Schule der Freiheit": Dramödie um eine Lehrerin, die Ende des 19. Jahrhundert in einem französischen Bauerndorf die Schulpflicht durchsetzen will
"Louise und die Schule der Freiheit": Dramödie um eine Lehrerin, die Ende des 19. Jahrhundert in einem französischen Bauerndorf die Schulpflicht durchsetzen will

Ende des 19. Jahrhunderts wird eine Lehrerin in ein abgelegenes französisches Bauerndorf versetzt, um dort die Schulpflicht durchzusetzen, stößt aber auf Widerstand der Eltern: Éric Besnard feiert in prächtigen Bildern nicht nur die Bedeutung der Bildung, sondern auch die Stärke einer unabhängigen Frau, die sich von der Männergesellschaft nicht unterkriegen lässt.


Éric Besnard hat sich in den letzten Jahren als Spezialist für Dramödien entwickelt, die meist den richtigen Ton treffen und mit prächtigen Bildern und Warmherzigkeit das Publikum erobern. In die Provence entführte so "Birnenkuchen und Lavendel" ("Le goût des merveilles", 2015), "À la carte! - Freiheit geht durch den Magen" ("Délicieux", 2021) erzählte vor dem Hintergrund der nahenden Französischen Revolution von der Erfindung des Restaurants und in "Die einfachen Dinge" ("Les choses simples", 2023) führte der Weg eines ruhelosen Geschäftsmanns aus der Stadt in eine malerische Bergregion.


Wie in "À la carte! – Freiheit geht durch den Magen" erzählt Besnard auch in dem Ende des 19. Jahrhunderts spielenden "Louise Violet" eine fiktive historische Geschichte. Geschickt baut er schon am Beginn mit einem Geheimnis Spannung auf, wenn ein Beamter bei der Versetzung der Lehrerin Louise Violet (Alexandra Lamy) in ein abgelegenes Bauerndorf von einer Bestrafung und Schuld spricht, dies aber nicht genauer erklärt. So lastet lange die dunkle Vergangenheit von Louise über dem Film, bis diese schließlich gelüftet wird.


Wie nicht anders zu erwarten, schlägt ihr im Dorf Feindseligkeit entgegen. Die Menschen grüßen sie nicht, der Bürgermeister Joseph (Grégory Gadebois) bringt sie im Stall unter. Zwar ist schon abzusehen, dass der missmutige Mann seine Haltung gegenüber der Lehrerin ändern wird, dennoch wird Besnard allzu voreilige Zuschauererwartungen enttäuschen.


Am positivsten verhält sich gegenüber Louise überraschenderweise der Priester. Ihre Bildung scheint sie in der ungebildeten Umwelt zu verbinden und keine Probleme hat er auch mit der dezidiert antikirchlichen Haltung der Lehrerin.


Leer bleibt aber zunächst die notdürftig im Stall eingerichtete Schule, denn die Eltern sind der Meinung, dass Bildung nichts bringt, die Kinder in ihre Fußstapfen treten sollen und, statt zu lernen, ihnen lieber bei der Feldarbeit helfen sollen. Erst ein winterlicher Besuch von Bürgermeister und Lehrerin bei den Eltern und der Umstand, dass die Lehrerin dabei in einem Haus als Geburtshelferin fungiert, bringt ein Umdenken, und das Klassenzimmer füllt sich.


In gewohnter Manier feiert Besnard nun die Lust am Lernen und die Bedeutung der Bildung, die es den Kindern einmal ermöglichen könnte, das Leben zu wählen, das sie sich wünschen. Einen Höhepunkt erreicht die positive Entwicklung mit dem Bau eines Schulhauses, bei dem Besnard im Stil des Baus einer Scheune durch die Amish-Community in Peter Weirs "Der einzige Zeuge" ("Witness", 1985) die Kraft der Solidarität und der gemeinschaftlichen Arbeit feiert.


Wie nicht anders zu erwarten, müssen sich zwecks Dramatik aber bald auch Konflikte einstellen, weiß doch der Postbote, der die Briefe der Lehrerin liest, über ihre Vergangenheit Bescheid.


Spannend könnte es sein, die unterschiedlichen weltanschaulichen Positionen der bäuerlichen Bevölkerung und der aus Paris kommenden Lehrerin auszuloten, aber für mehr als für Beschimpfungen durch die Frauen interessiert sich Besnard hier nicht. Lieber fokussiert er auf wachsenden persönlichen Konflikten, die bewältigt werden müssen, während auch der schulische Aspekt bald wieder in den Hintergrund tritt.


Wie gewohnt rund erzählt der 61-jährige Franzose, neigt aber noch mehr als in seinen früheren Filmen zu einem Postkartenismus, bei dem die malerischen Bilder von Kameramann Laurent Daillant allzu gesucht wirken. Da gibt es vom Kaminfeuer erhellte Innenszenen und, weil sich die Handlung über die Jahreszeiten spannt, bald leuchtende reife Felder ebenso wie kräftigen Regen und auch idyllische winterliche Momente mit verschneiter Landschaft und zugefrorenem See fehlen nicht.


Nicht ganz stimmig wirkt allerdings dieses Landschaftsbild, wenn das von Steinbauten bestimmte pittoreske Dorf einerseits in einer eher bergigen Landschaft zu liegen scheint, dann die Figuren aber wieder durch weite, scheinbar endlose Felder streifen.


Wenig macht Besnard auch aus dem Aspekt, dass Louise die Landschaft und Häuser fotografiert und somit immer wieder ihre schwarzweißen Fotos eingeschnitten werden. Doch diese Schwächen machen nicht zuletzt die Hauptdarsteller:innen Alexandra Lamy und Grégory Gadebois wett.


Während Lamy ebenso zurückhaltend wie entschlossen Louise als selbstbewusste Lehrerin und Frau spielt variiert Gadebois nach "À la carte! – Freiheit geht durch den Magen" und "Die einfachen Sachen" ein weiteres Mal die Figur des knorrigen Griesgrams, unter dessen harter Schale sich eine zärtliche Seele versteckt.


So bietet dieses warmherzige Feelgood-Movie, das Dramatik immer wieder mit Humor abfedert und mit dem Plädoyer für Bildung und Selbstbestimmung der Frau das Herz am rechten Fleck hat, insgesamt gepflegte, wenn auch kantenlose und nachwirkungsfreie Unterhaltung.  



Louise und die Schule der Freiheit – Louise Violet Frankreich 2024 Regie: Éric Besnard mit: Alexandra Lamy, Grégory Gadebois, Jérôme Kircher, Manon Maindivide, Annie Mercier, Jérémy Lopez, Patrick Pineau Länge: 108 min.



Läuft jetzt in den österreichischen Kinos, z.B. im Kino GUK Feldkirch - ab 10.4. in den deutschen Kinos.

Kinothek extra in der Kinothek Lustenau: Mi 21.5., 20 Uhr + Mo 26.5., 18 Uhr


Trailer zu "Louise und die Schule der Freiheit - Louise Violet"



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