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AutorenbildWalter Gasperi

Mein Ende. Dein Anfang


So clever konstruiert wie Mariko Minoguchis Spielfilmdebüt ist selten ein deutscher Film. Lustvoll und ungemein sicher werden hier nicht nur Zeitebenen durcheinandergewirbelt und damit über Zeit reflektiert, sondern auch Liebesfilm, Familiendrama und Thriller souverän verknüpft.


Aus dem Dunkeln heraus scheint ein anonymer Sprecher Fragen über Déjà vus, über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft an den Zuschauer zu stellen, doch rasch entpuppt sich dies als Vortrag des kurz vor seinem Abschluss stehenden Physikers Aron (Julius Feldmeier) über Einsteins Relativitätstheorie. – Das Thema Zeit ist damit Grund gelegt und konsequent spielt Mariko Minoguchi dieses vom Aufbau des Films bis zu Details durch.


Eine strahlende Zukunft scheint Aron und seiner Freundin Nora (Saskia Rosendahl) zu leuchten, obwohl sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Als durch zahlreiche andere Faktoren vorherbestimmt sieht Aron an, dass sie sich kennen und lieben lernten. Völlig willkürlich und zufällig wird dieses Glück aber abrupt beendet, als das Paar beim Betreten einer Bank in einen Überfall gerät, bei dem Aron erschossen wird und in Noras Armen stirbt.


Viel mehr sollte von den der Handlung nicht verraten werden, denn gerade im langsamen Erkennen der Zusammenhänge liegt die Spannung dieses Films. In tiefer Trauer erstarrt jedenfalls Nora, die Zeit scheint für sie still zu stehen, doch immer wieder brechen abrupt Erinnerungen an die glückliche Zeit mit Aron herein. Diese sind nicht nur in helle Farben und warmes Licht getaucht, sondern auch nicht chronologisch angeordnet. Der Sinn mancher Szene erschließt sich so erst im Nachhinein und wie bei einem Puzzle bekommt man erst langsam ein Bild von ihrer Beziehung.


Nicht nur erzähltechnisch nimmt sich Minoguchi dabei Freiheiten, die man sonst nur aus dem amerikanischen oder vielleicht französischen Kino kennt, sondern sie vermittelt auch lustvoll die Intensität des Glücks dieses Paares, wenn es beim Tanz zum Münchner Freiheit Hit „Ohne dich schlaf´ ich heut Nacht nicht ein“ voll Leidenschaft mitsingt und sich gegenseitig die Liebe erklärt.


Gleichzeitig entwickelt sich aber auch die Handlung in der Gegenwart weiter und scheinbar unabhängig von Nora wird von Natan (Edin Hasanovic) und seiner Frau erzählt, die die bittere Diagnose erhalten, dass ihre kleine Tochter Ava an Leukämie leidet.


Geschickt stellt Minoguchi, die 1988 in München als Tochter eines Japaners und einer Deutschen geboren wurde, kleine Querverbindungen her, wenn Nora am Tag an der Kasse des Supermarkts arbeitet, in dem Natan nachts als Sicherheitsmann arbeitet, und zurrt die beiden Geschichten zunehmend fester zusammen.


Schon ziemlich virtuos ist das konstruiert, wirkt gleichwohl immer leichthändig und wirft nicht nur die Frage nach Zufall oder Schicksal auf, sondern erzählt auch vom Umgang mit Trauer und Verlust ebenso wie von den Belastungen durch Krankheit, aber auch durch Schuld und entwickelt sich schließlich sogar zu einer Rachegeschichte.


Die Konstruktion kann man „Mein Ende. Dein Anfang“ zweifellos vorwerfen. Nichts ist hier dem Zufall überlassen, alles ist perfekt kontrolliert und aufeinander abgestimmt, aber diese Konstruktion, die hier so geschmeidig und bruchlos funktioniert, muss man auch bewundern.


Das ist ein Film von großer inszenatorischer Raffinesse und auch die großteils unverbrauchten und frisch aufspielenden Schauspieler sorgen dafür, dass man gespannt der Entwicklung und den vielen Zeitsprüngen folgt, auch wenn man bald Einiges ahnen kann. – Selbst ein kleines Detail, das im Grunde ganz offen auf der Hand liegt, kann da am Ende, wenn darüber gesprochen wird, noch für einen zauberhaft-magischen Moment sorgen, der einem nochmals die liebevoll-ausgeklügelte Machart dieses starken Debüts bewusst macht.


Wird vom Donnerstag, den 6.2. bis Samstag, den 8.2. vom TaSKino Feldkirch im Kino Rio gezeigt.


Trailer zu "Mein Ende. Dein Anfang"



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