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Niki de Saint Phalle

Autorenbild: Walter GasperiWalter Gasperi
"Niki de Saint Phalle": Das Biopic konzentriert sich auf die 1950er Jahre und den Weg der Französin zur Künstlerin.
"Niki de Saint Phalle": Das Biopic konzentriert sich auf die 1950er Jahre und den Weg der Französin zur Künstlerin.

Céline Sallette konzentriert sich in ihrem Biopic über die französische Malerin und Bildhauerin auf ihren Weg zur Künstlerin in den 1950er Jahren und deren Auseinandersetzung mit dem Missbrauch durch ihren Vater. Konventionell erzählt, erweckt eine mit großem Einsatz spielende Charlotte Le Bon den Film zum Leben.


Die 1930 bei Paris geborene Niki de Saint Phalle wurde vor allem mit ihren "Nana"-Figuren, "die im Stil der Pop Art vielfarbig gestaltete voluminöse weibliche Körper mit überdimensionierten Geschlechtsmerkmalen darstellen" (Wikipedia), sowie ihrem Tarotgarten in der Toskana berühmt.


Céline Sallette, die sich bislang vor allem als Schauspielerin einen Namen machte, interessiert sich in ihrem Spielfilmdebüt aber nicht für die Karriere von Niki, sondern vielmehr für ihren Weg dorthin. Ihr Film setzt kurz nach der Übersiedelung des Ehepaars Niki (Charlotte Le Bon) und Harry Mathews (John Robinson) von den USA nach Frankreich ein und am Beginn stehen kurze Szenen von Auftritten als Model und als Schauspielerin, zum Beispiel unter der Regie von Jean Cocteau.


Knapp werden die McCarthy-Ära und der Rassismus, aber auch Harrys Mutter als Grund für den Umzug nach Frankreich genannt, während wenige kurze Rückblenden Einblick in die autoritären Verhältnisse in Nikis adeliger Familie und später auch in den jahrelangen Missbrauch durch den Vater bieten.


Weil diese Erfahrungen ein schweres Trauma und Suizidgefährdung auslösten, brachte ihr Mann sie 1953 in eine psychiatrische Klinik. Erschütternd wird einerseits an die Grausamkeit von Elektroschocks erinnert, andererseits findet Niki hier aber auch zu ihrer künstlerischen Berufung und beginnt zu malen. Von der Schauspielerei zieht sie sich dagegen zurück, schlägt auch das Angebot für eine Rolle in einem Film von Robert Bresson aus.


Gegliedert durch Kapitelüberschriften wie "Was Niki vergessen hat" oder "Niki verdient sich Sporen" sowie durch Zeit- und Ortsinserts erzählt Sallette von Nikis Ringen mit dem Trauma des väterlichen Missbrauchs und ihr Streben um Anerkennung als Künstlerin. Der zurückhaltenden Meinung eines Galeristen wird dabei die motivierende Position des Schweizer Künstlers Jean Tingueley (Damien Bonnard) und seiner ersten Frau Eva Aeppli (Judith Chemla) gegenübergestellt.


Dass man Niki zwar beim Malen, aber nie eines ihrer Gemälde sieht, resultiert aus einem rechtlichen Verbot, und kann man bedauern. Gleichzeitig kann dieses Bildverbot aber auch die Zuschauer:innen anregen, sich abseits des Films selbst mit der Kunst der 2002 verstorbenen Malerin und Bildhauerin zu beschäftigen.


Zentrales Thema bei der Selbstfindung von Niki sind dabei die Nachwirkungen des Missbrauchs, über die sie sich selbst erst langsam bewusst werden musste. Ihr Vater mag seine Tat in einem Brief zwar gestehen, doch Nikis Psychiater verbrennt das Schreiben, das er als unglaubwürdig abtut und sich damit auf die Seite des Täters stellt.


Nicht nur darauf reagiert Niki mit einem heftigen Wutausbruch, sondern auch bei Kritik an ihren Werken oder bei Konflikten mit Bekannten kann sie hysterisch werden und im Zorn ihre Kunstwerke zerstören.


Keine Hagiographie ist so "Niki de Saint Phalle", sondern das Porträt einer von den kindlichen Erfahrungen geprägten, zerrissenen Frau, die freilich schließlich in ihrer Kunst auch Befreiung findet. Nicht nur sie kann nämlich in den Kunstwerken, bei denen sie mit Messer und Pfeilen die mit Farbbeuteln behängte Leinwand bewirft, ihre Aggression gegenüber dem Vater abreagieren, sondern auch Ausstellungsbesucher:innen bietet sie dazu die Möglichkeit.


Eindrücklich, wenn auch plakativ wird der Film dabei, wenn ein junger Mann zunächst zögerlich, dann immer wütender Pfeile auf das Bild schießt. Auf Nikis Frage, gegen wen sich denn diese enorme Wut richte, antwortet der Bruder des Schützen: "Vermutlich auf unseren Vater".


Solide, aber konventionell inszeniert, stört bei diesem Biopic einzig der wiederholte Einsatz von Splitscreen. Unergründlich bleibt dessen Funktion und wirkt letztlich nur prätentiös. Doch über diese Schwäche lässt die Hauptdarstellerin Charlotte Le Bon hinwegsehen. Sie spielt die Titelfigur mit einer Leidenschaft und einem Einsatz, die das Interesse an dieser selbstbewussten Frau, die entschlossen ihren Weg ging, über den ganzen Film aufrecht halten und anregen, sich intensiver mit dieser Künstlerin zu beschäftigen.  

 

 

Niki de Saint Phalle

Frankreich / Belgien 2024 Regie: Céline Sallette mit: Charlotte Le Bon, John Robinson, Damien Bonnard, Judith Chemla, Alain Fromager Länge: 98 min.



Läuft jetzt in den österreichischen und Schweizer Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen, und ab 20.3. in den deutschen Kinos

Spielboden Dornbirn: 8.4. + 28.4. - jeweils 19.30 Uhr TaSKino Feldkirch im Kino GUK: 31.3. bis 4.4.



Trailer zu "Niki de Saint Phalle"


 

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