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AutorenbildWalter Gasperi

Pandora und der Fliegende Holländer


Die 1950er Jahre waren die Blütezeit des amerikanischen Melodrams. Mit Technicolorfarben wurden die leidenschaftlichen Beziehungsgeschichten gesteigert, Albert Lewin freilich setzt mit mythologischen Figuren noch eins drauf. Der gerade in seiner maßlos überzogenen Konstruktion und der visuellen Brillanz grandiose Film ist bei Pidax Film auf DVD erschienen.


Wenn Albert Lewins 1951 gedrehtes Melodram, zu dem er auch selbst die Idee lieferte und am Drehbuch mitschrieb, beginnt, ist alles schon vorüber: Geschockt entdecken Fischer des spanischen Mittelmeerdorfs mit dem sprechenden Namen Esperanza keine Fische, sondern ein Liebespaar in ihren Netzen. Verfangen haben sie sich quasi im Netz des Schicksals, Hoffnung auf Glück scheint es ganz im Gegensatz zum Namen des Ortes von Anfang an keine zu geben.


Hoch über dem Dorf wohnt in einer Villa der Archäologe Geoffrey (Harold Warrender). Rückblickend beginnt er die Geschichte des Paares zu erzählen, während noch die schwere Totenglocke läutet. Die Lage der Villa markiert auch Distanz und Überblick: Geoffrey wird nicht aktiv, er bleibt Erzähler und Beobachter, eine Position, auf die auch sein Fernrohr verweist.


Befreundet ist er mit der Amerikanerin Pandora (Ava Gardner), deren Name auf die griechische Mythologie verweist. Wie die Sagenfigur mit ihrer Büchse den Menschen Unglück brachte, scheint diese verführerische Frau die Männer ins Verderben zu stürzen. Gleich zu Beginn begeht so Reggie Selbstmord, weil er die Zurückweisung durch Pandora nicht erträgt, vom Rennfahrer Stephen (Nigel Patrick) verlangt sie als Liebesbeweis, dass er seinen Rennwagen über die Klippen stürzt.


Die Frage nach dem Maß der Liebe und wozu jemand für den Geliebten bereit ist, zieht sich durch den Film und ist sein zentrales Thema. Verstärkt wird das durch das Auftauchen eines großen Segelschiffs, an dessen Bord sich nur der Holländer Hendrick van der Zee (James Mason) befindet. Fasziniert ist Pandora von ihm, obwohl sie im Begriff ist Stephen zu heiraten.


Nichts weniger als der mythologische „Fliegende Holländer“ ist dieser Seefahrer, dessen Geschichte wiederum ausgehend von einer alten holländischen Handschrift in Geoffreys Villa in einer Rückblende in der Rückblende erzählt wird: Weil er einst seine Frau wegen vermeintlicher Untreue ermordete und Gott verfluchte, ließ Gott ihn zwar der Hinrichtung entkommen, verdammte ihn aber zu endloser Irrfahrt auf einem Geisterschiff über die Meere, von der er nur durch die Liebe einer Frau, die ihr Leben für ihn gibt, erlöst werden kann.


Pandora erklärt sich dazu zwar bereit, doch der Holländer wiederum verzichtet zumindest zunächst aus Liebe zu Pandora auf seine Erlösung. Nicht genug mit dem Rennfahrer und der mythologischen Figur mischt bald auch noch ein berühmter spanischer Stierkämpfer mit, der ebenfalls um Pandora wirbt.


Vom mythologischen Seefahrer über den Stierkämpfer bis zum Rennfahrer werden klassische männliche Heldenfiguren präsentiert, die jeweils mit den in den Himmel ragenden Schiffsmasten, den Stierhörnern, dem zigarrenförmigen Rennwagen auch mit deutlichen Phallussymbolen verknüpft werden. Ihr Männlichkeitswahn, den der Torero in der Arena, der Rennfahrer auf der Piste am Strand demonstrieren, demontiert Albert Lewin und zeichnet sie letztlich als schwache Figuren, hoffnungslos abhängig von Pandora.


Diese von Ava Gardner gespielte Frau, die echte Gefühle nur gegenüber dem Holländer zu entwickeln scheint, ist das große Zentrum des Films, um das herum Lewin seine Geschichte entwickelt. Die Künstlichkeit von Handlung und Figuren soll dabei gar nicht erst kaschiert werden, sondern wird durch die kräftigen Technicolorfarben, Kostüme und Ausstattung sogar noch gesteigert.


Realismus interessiert Lewin nicht, sondern in einer irreal- traumartigen Stimmung, die auch durch die Schauplätze wie die Küste, an der zahlreiche antike Statuen liegen, Kneipen oder die wahrsagende Mutter des Stierkämpfers erzeugt wird, soll in diesem überhitzten, aber gerade dadurch faszinierenden Melodram von Liebe und Schicksal, aber auch vom Tod als Erlösung erzählt werden.


An Sprachversionen bietet die bei Pidax Film erschienene DVD die englische Original- und die deutsche Synchronfassung. Die Extras beschränken sich neben einer Trailershow auf einen Nachdruck der Illustrierten Filmbühne.


Trailer zu "Pandora und der Fliegende Holländer"



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