In einem nicht näher bestimmten lateinamerikanischen Land versucht ein kleiner Trupp nach einem gescheiterten Aufstand von Diamantenschürfern gegen die regionale Militärherrschaft, sich durch den Dschungel nach Brasilien durchzuschlagen. – Luis Bunuels 1956 als französisch-mexikanische Koproduktion entstandener Abenteuerfilm ist bei Pidax Film auf DVD erschienen.
Nicht nur das lateinamerikanische Setting und die Abgeschiedenheit des Dorfes erinnern an Henri-Georges Clouzots Meisterwerk "Lohn der Angst", sondern auch die Gier, die die Abenteurer hierher getrieben hat und die Aussichtslosigkeit ihrer Situation – und natürlich Charles Vanel in einer Hauptrolle.
Mit Diamantenfunden hoffen die heruntergekommenen Männer sich Reichtum zu verschaffen und damit ihre Träume zu verwirklichen. Ein schmieriger Zuhälter bringt per Boot Prostituierte herbei, die wiederum hoffen, von den Diamantenfunden ihrer Kunden zu profitieren.
Doch mit dem Glücksrittertum ist es sogleich vorbei, als die lokale Militärregierung die Diamantensuche streng reglementiert: Private Suche wird verboten, nur Staat und lizenzierte Unternehmen dürfen nach den wertvollen Steinen graben. Die Diamantenschürfer wollen sich das nicht gefallen lassen und versuchen zuerst zu verhandeln, doch bald kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Bestimmt diese erste Hälfte des Films die Schilderung der Konflikte im Dorf, so folgt auf diesen räumlichen Stillstand in der zweiten Hälfte die Bewegung. Denn nach dem Scheitern des Aufstands fliehen der Abenteurer Chark (Georges Marchal), der Koch Castin (Charles Vanel) und seine stumme Tochter sowie ein Priester (Michel Piccoli) und die Prostituierte Djin (Simone Signoret) auf einem kleinen Dampfer vor dem Zugriff des Militärs. Der Eigentümer des Bootes, der zugleich Zuhälter ist, wird dabei als Geisel genommen.
Fern jeder Zivilisation und ganz auf sich gestellt tritt im Dschungel der wahre Charakter der Protagonist:innen zu Tage. Der Priester konzentriert sich mehr auf die Menschen als auf Gott und verwendet Seiten aus der Bibel bald auch mal als Brennstoff. Beim scheinbar kalten Abenteurer und der nur am Geld interessierten Prostituierten werden die Sehnsucht nach einem besseren Leben sichtbar. Doch als sie mit einem Flugzeugwrack wieder Zivilisationsgüter entdecken, brechen erneut der alte Egoismus und die alte Gier durch und man zerfleischt sich gegenseitig.
Mit der Ausnahme des Bilds von wimmelnden Ameisen auf einer toten Schlange und einer durch eine Postkarte ausgelösten Vision von der viel befahrenen nächtlichen Champs Élysées verzichtet Luis Bunuel auf die für ihn typischen surrealistischen Momente. Stattdessen entwickelt der Spanier einen klassischen Abenteuerfilm, in dessen Zentrum zunächst Kritik an Machtverhältnissen und an einer Kirche steht, die sich mit den Mächtigen verbündet. Bissig ist sein Blick auf das korrupte Regime, das Zeugenaussagen kauft, doch auch die rebellierenden Diamantenschürfer erscheinen nicht als besonders sympathisch, sondern sind von Egoismus getrieben.
Mit der Flucht tritt an die Stelle dieses gesellschaftlich-politischen Aspekts der Blick auf menschliches Grundverhalten und gruppendynamische Prozesse in einer geschlossenen Gemeinschaft, die unter Druck steht. An den geradezu prototypischen Figuren des außerhalb der Gesellschaft stehenden Abenteurers, des von einem bürgerlichen Leben träumenden Kochs, der Prostituierten und des Priesters werden dabei der menschliche Charakter und die Korruption des Menschen durch die Zivilisation durchleuchtet.
Bewusst unspektakulär bleibt die Inszenierung. Der kühle und leidenschaftslose Blick auf die Welt und die Figuren führt dabei freilich auch dazu, dass sich die Spannung in Grenzen hält, denn wirklich Mitfiebern mit und Bangen um diese Underdogs wird man kaum.
An Sprachversionen bietet die bei Pidax Film erschienene DVD nur die deutsche Synchronfassung. Als Extra gibt es – ebenfalls in Deutsch synchronisierter Fassung - Luis Bunuels 1955 entstandenes Drama "Der Fluss und der Tod", in dessen Zentrum eine sich über mehrere Generationen hinziehende Blutrache steht.
Trailer zu "Pesthauch des Dschungels - La mort en ce jardin"
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