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AutorenbildWalter Gasperi

Rickerl - Musik is höchstens a Hobby

Adrian Goiginger lässt Voodoo Jürgens als erfolglosen Musiker, der sein Leben nicht auf die Reihe bekommt, zwischen Vermittlung ungeliebter Jobs durch das Arbeitsmarktservice, Beisl-Besuchen und Wochenenden mit seinem achtjährigen Sohn durch Wien stromern: Eine atmosphärisch stimmige, ganz auf den Hauptdarsteller zugeschnittene Wiener Variante des Coen-Films "Inside Llewyn Davis".


Wenn bei einem Konzert auf dem Friedhof, in dem Erich "Rickerl" Bohacek (Voodoo Jürgens) als Leichenbestatter arbeitet, ein Schädel aus seinem Rucksack rollt, kommt das nicht gut und der Hobby-Musiker ist seinen Job auch schon wieder los. Frau König vom Arbeitsmarktservice ist mit ihren Nerven am Ende und weiß nicht, was sie mit Rickerl machen soll. Ihm wiederum ist die ganze Bürokratie völlig übrig. Viel lieber sitzt er da doch im Beisl und trinkt einen Spritzer.


Auch mit der Musikerkarriere geht freilich nichts weiter, solange er seine Songs nur als handgeschriebene Notizen in seinem Gitarrenkasten mit sich herumträgt. Etwas Schreibmaschinen- oder Computergeschriebenes fordert der in einem alles andere als aufgeräumten Keller sitzende Manager, ehe er ein Demo-Band produzieren will.


Vorübergehend bietet dieser Rickerl zumindest mal einen Auftritt bei einer Hochzeit an, bei der er Cover-Versionen von internationalen Hits und Austro-Klassikern spielen soll. Die Bandmitglieder regen ihn aber an, auch einen eigenen Song darunter zu streuen. Wie dieser ankommt, lässt sich aber nicht mehr feststellen, denn die Hochzeit geht bald ziemlich den Bach runter.


Und zu Job- und Musikerproblemen kommt auch noch sein achtjähriger Sohn Dominik (Ben Winkler), den Rickerl immer wieder am Wochenende bei der im Nobelviertel Hitzing mit einem Deutschen lebenden Mutter (Agnes Hausmann) abholen darf. Mehr als Freund denn als Vater behandelt er den Jungen aber, nimmt ihn bald auch mit zu seinem neuen Job in einem Sex-Shop und lässt ihn dort einen Porno anschauen oder geht mit ihm ans Donauufer grillen, rennt ihm aber davon, als er seine vergessene Gitarre zurückholen will.


Wie der Musiker, der sein Leben nicht auf die Reihe bekommt, an den Coen-Film "Inside Llewyn Davis" erinnert, so scheint auch der Manager nach der Rolle von John Goodman in diesem Film gezeichnet zu sein und vielleicht stand auch für Rickerls Ex-Freundin die von Carey Mulligan gespielte Schwester von Llewyn Davis Pate.


Dennoch wirkt "Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" nie wie epigonenhaftes Zitatenkino, denn Goiginger verankert seine Strizzi-Geschichte perfekt im verschwindenden Wiener Vorstadt- und Beislmilieu, dem er mit diesem Film auch seine Liebe erklärt. Wichtiger als eine stringente Handlung sind ihm die atmosphärische Dichte und authentische Figuren. Wie Rickerl durchs Leben stromert, so mäandert auch die Handlung dahin.


Beiläufig kann Goiginger dabei auch Spott über die Bürokratie versprühen, den Klassenunterschied zwischen Hitzinger Oberschicht und Beisl-Leben karikieren und mit dem neuen deutschen Freund von Rickerls Ex-Freundin auch witzig mit dem schwierigen Verhältnis zwischen Deutschen und Österreichern spielen. Bissig wird "Rickerl" dabei nie, sondern ist von großer Menschenliebe und Wärme durchzogen und das Vergnügen, das der Dreh dieses Films wohl bereitet hat, überträgt sich direkt auf die Zuschauer:innen.


Herz und Motor dieser Dramödie ist aber Hauptdarsteller Voodoo Jürgens. Ganz auf ihn zugeschnitten ist die Rolle des chaotischen Musikers. In jeder Szene ist er präsent und konsequent aus seiner Perspektive erzählt Goiginger. Echt wirkt diese Figur wohl auch deshalb, weil der Wiener Liedermacher, der über keine Schauspielerfahrung verfügt, viel von sich selbst in diese Figur legt und ihr natürlich auch mit seinen eigenen Songs Profil verleihen kann.


Dazu kommt aber auch das hervorragende Zusammenspiel von Jürgens mit seinem Filmsohn Ben Winkler. Wie schon in seinem Debüt "Die Beste aller Welten", in dem der Salzburger Filmemacher autobiographisch von seiner Kindheit mit seiner drogensüchtigen Mutter erzählte, beweist Goiginger hier wieder sein Gespür bei der Arbeit mit Kinderdarstellern und erzählt statt einer Mutter-Sohn eine nicht einfache Vater-Sohn-Geschichte.


Mag im Gegensatz zu den dramatischen Szenen in "Die Beste aller Welten" der Ton in "Rickerl" auch immer leicht und humorvoll bleiben, so erzählt der Goiginger doch auch hier berührend von dieser ebenso liebevollen wie schwierigen Beziehung. Gemeinsam ist beiden Filmen aber auch die große Liebe von Mutter bzw. Vater zu ihren Kindern, aber auch die Unfähigkeit zu verantwortungsvollem Handeln.


Wie in "Die Beste aller Welten" die Mutter aber schließlich von ihrer Sucht loskommt, so wächst schließlich auch Rickerl durch seine Erfahrungen und lernt Verantwortung zu übernehmen und seinem ziellosen Leben eine Richtung zu geben.

 

 

Rickerl – Musik is höchstens a Hobby

Österreich / Deutschland 2023

Regie: Adrian Goiginger

mit: Voodoo Jürgens, Ben Winkler, Agnes Hausmann, Clemens Aap Lindenberg, Linde Prelog, Ronald Seboth, Edith Hartmann, Rudi Larsen, Der Nino aus Wien, Georg Biron

Länge: 104 min.



Läuft derzeit in den österreichischen Kinos. - Ab 1. Februar in den deutschen Kinos


Trailer zu "Rickerl - Musik is höchstens a Hobby"



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