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AutorenbildWalter Gasperi

Streaming: A Tale of Three Sisters


Drei Schwestern, die als Dienstmägde in der Stadt lebten, werden zurück in ihr abgeschiedenes anatolisches Bergdorf geschickt, wo sie mit ihrem verwitweten Vater in einem Steinhaus leben. Frustration und Rivalitäten, aber auch die ungebrochene Sehnsucht nach Ausbruch aus dieser archaischen Welt werden sichtbar. Bei filmingo.ch wird Emin Alpers bildstarkes, aber auch sehr statisches und dialoglastiges Drama in der Schweiz und in Liechtenstein zum Streaming angeboten.


Auf einer engen Bergstraße, die durch eine schroffe und lebensfeindliche Felslandschaft führt, wird ein Mädchen, das weinend auf dem Rücksitz des Mercedes sitzt, zurück in ihr anatolisches Heimatdorf gebracht. Plötzlich weitet sich aber der Blick auf ein prächtiges Hochplateau, auf dem, umgeben von majestätischen Bergen, verstreut die Häuser eines Dorfs liegen. Nie wird Emin Alpers dritter Spielfilm diese archaische Welt, deren Distanz zur modernen Welt, schon durch die Autofahrt zum Ausdruck kam, verlassen.


Wenn das Mädchen nach der Ankunft dem sie begrüßenden Vater die Hand küsst, wird auch gleich klar, dass hier noch eine streng patriarchale Ordnung herrscht. Der Weite der Landschaft steht die Enge im Steinhaus gegenüber, in dem der verwitwete Mann mit seinen drei Töchtern lebt. Während die 13-jährige Ravva zurückgebracht wurde, weil das Kind, um das sie sich kümmerte, starb, kehrt bald auch die 16-jährige Nurhan heim. Sie verlor ihre Stellung bei einem Arzt in der Stadt, weil sie die Kinder, die sie betreuen sollte, zu grob behandelte. Auch die älteste Tochter, die 20-jährige Reyhan, hatte einst eine Stellung bei diesem Arzt, verlor sie aber, als sie schwanger wurde.


Nur die Rückkehr ins Heimatdorf blieb Reyhan und musste, um den Ruf zu wahren, rasch den geistig leicht zurückgebliebenen Hirten Veysel heiraten. Nicht nur Reyhans Vater verachtet Veysel aber, sondern auch sie selbst und alle schüren so mit ihren Demütigungen dessen Wut, bis es zu einer Katastrophe kommt.


Keine Harmonie gibt es aber auch innerhalb der Familie, denn einerseits klagt der Vater immer wieder über seine Töchter, andererseits brechen auch unter den Schwestern immer wieder Eifersucht und Rivalitäten durch. Alle drei jungen Frauen wollen nämlich weg aus dem Bergdorf, aus dem der Großteil der Bevölkerung nach Einsturz der Mine abgesiedelt ist. Ravva möchte die Stelle, die Nurhan eben erst verloren hat, und Reyhan träumt von einem Umzug zu ihrer Tante in Ankara.


So sehr sie sich streiten, so sehr werden aber in anderen Szenen doch auch immer wieder Intimität und Wertschätzung innerhalb der Familie spürbar. Der Zusammenhalt ist hier die einzige Stütze, denn andere Bezugspersonen gibt es kaum, ganz auf sich gestellt sind der Vater und seine drei Töchter.


Die strenge patriarchale Struktur wird dabei auch dadurch spürbar, dass die Frauen fast nie das Haus verlassen, sie darin quasi eingesperrt sind, während ihr Vater, der Arzt aus der Stadt und der Gemeindevorsteher bei einem nächtlichen Umtrunk auf der Weide über sie entscheiden. Statik bestimmt diese Welt, befreit agieren kann nur die als verrückt geltende Hatice, deren Bewegung die Kamera aufnimmt, wenn sie mehrfach auf den Wiesen Purzelbäume schlägt.


Unübersehbar von Tschechows "Drei Schwestern" sind Charaktere und Handlung inspiriert, großartig sind auch die Bilder von Kameramann Emre Erkmen. An die holländische Malerei erinnern die Innenszenen, die nur von knisterndem Kaminfeuer erhellt und in warme Erdfarben getaucht sind, prächtig sind aber auch die Landschaftstotalen und die nächtlichen Außenszenen, in denen Erkmen großartig mit Licht und Dunkelheit spielt. Jede Farbnuance ist hier genau gewählt, auch der Wechsel vom Herbst zum verschneiten Winter im Finale sorgt für optischen Reiz.


Märchenhaften Charakter entwickelt "A Tale of Three Sisters" durch diese großartigen Bilder, die nicht auf sozialrealistische Schilderung dieses archaischen Milieus abzielen. Aber so visuell betörend dieses leise Drama auch ist, so ermüdend sind doch die statische, theaterhafte Inszenierung mit simpler Schuss-Gegenschussstrategie und die langen Dialoge und Streitgespräche. Nie nimmt dieser Film wirklich Fahrt auf und letztlich zu flach bleiben auch die drei Schwestern, als dass ihr Schicksal wirklich berühren und mitreißen könnte.


Streaming in der Schweiz und Liechtenstein bei filmingo.ch


Trailer zu "A Tale of Three Sisters"



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