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AutorenbildWalter Gasperi

The Convert

1830 kommt ein britischer Laienpriester in eine britische Siedlung auf Neuseeland, um sich um die Kolonist:innen zu kümmern: Lee Tamahoris bildmächtiger und packender Actionfilm aus dem Jahr 2023 ist bei Capelight Pictures auf DVD, Blu-ray und 4K Ultra HD erschienen.


Schon in seinem Debüt "Once Were Warriors" ("Die letzte Kriegerin", 1994) widmete sich Lee Tamahori, der 1950 als Sohn eines Maori und einer Britin in Wellington geboren wurde, den Lebensbedingungen und der Diskriminierung der Indigenen Neuseelands. Nach Ausflügen ins amerikanische Action- und Thrillerkino mit Filmen wie "Along Came a Spider" ("Im Netz der Spinne", 2001) oder dem Bond-Film "Die Another Day" ("Stirb an einem anderen Tag", 2002), kehrte er 2016 mit der Familiensaga "Mahana" in seine Heimat und zur Auseinandersetzung mit der Situation der Maori zurück.


In "The Convert" entführt Tamahori in die Anfänge des britischen Kolonialismus und der Verdrängung der indigenen Kultur. Schon die einleitenden Inserts machen mit dem Hinweis auf den Import von Musketen und Christentum diesen Einfluss deutlich. Konkret wird davon erzählt anhand der fiktiven Geschichte des Laienpriesters Thomas Munro (Guy Pearce), der 1830 in eine kleine britische Siedlung in Neuseeland kommt, in der er sich um die Kolonialist:innen kümmern soll.


Schon zuvor hat er freilich bei der Landung nach einem Seesturm die Brutalität der Maori kennengelernt. Zeuge wurde er, wie ein kriegerischer Stammeshäuptling mit seinen Leuten Angehörige eines anderen Stamms überfiel und abschlachtete. Nur durch einen Handel konnte Munro, die junge Maori Rangimai (Tioreore Ngatai-Melbourne) retten, und nahm sie mit in die britische Siedlung.


An eine Grenzstadt im amerikanischen Western erinnert die Schilderung dieser Siedlung. Als ehrenwerte Gesellschaft geben sich die Briten, grenzen aber nicht nur Rangimai, sondern auch Charlotte aus, die einst mit einem Maori verheiratet war. So schließen sich diese Außenseiter zusammen und Charlotte versorgt die verletzte Rangimai, während der Arzt der Siedlung ihr jede Hilfe verweigert.


Viel Zeit lässt sich Tamahori, um die Intoleranz und den Rassismus der Briten herauszuarbeiten und schürt gekonnt die Emotionen der Zuschauer:innen. Ambivalenzen und Zwischentöne gibt es dabei freilich kaum, sondern klar gezogen sind die Grenzen von Gut und Böse. Sichtbar wird das auch in einer Szene, in der nicht nur ein junger Maori, in den sich eine junge Britin verliebt hat, ermordet wird, sondern die Tat auch noch dem Gemischtwarenhändler, der als Katholik ebenfalls ein Außenseiter ist, in die Schuhe geschoben wird.


Mit dem Transport des toten Maori zu seinem Stamm wechselt Munro die Seiten. Er bleibt bei den Indigenen und setzt sich dort für Frieden und gegen eine Eskalation des Krieges zwischen den Stämmen ein.


Das mag in Handlungsführung und Figurenzeichnung recht einfach gestrickt sein, dennoch bietet "The Convert" mehr als bildmächtiges Actionkino, in dem Tamahori und sein Kameramann Gin Loane die fantastische neuseeländische Natur immer wieder in großartigen Totalen ins Bild rücken. Mit dem Prediger Munro, der von einem traumatischen Kriegserlebnis verfolgt wird, schafft Tamahori nämlich auch eine starke Identifikationsfigur, die im Stile des Protagonisten von Kevin Costners Western "Dance With Wolves" (1990) zwischen den Kulturen pendelt.


Mit seiner Beziehung zu Rangimai, aus der sich erfreulicherweise keine Liebesgeschichte entwickelt, wird auch die Möglichkeit eines freundschaftlichen Zusammenlebens der Kulturen präsentiert. Dies steht im Kontrast zu dem von wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen bestimmten Handeln der Briten, die jede Empathie und Menschlichkeit im Umgang mit den Maori vermissen lassen.


Prägnant arbeitet Tamahori auch heraus, wie sich der Einfluss und der Druck der Kolonialisten sukzessive steigert. Einerseits versuchen sie mit dem Verkauf von Musketen dafür zu sorgen, dass die Maori sich in internen Kriegen gegenseitig abschlachten und dezimieren, andererseits verweigern sie bald die vereinbarte Pacht für das Land und wollen schließlich auch Zölle für den Handel mit Waren der Maoris einheben.


Souverän mischt Tamahori dabei Actionszenen mit ruhigen Momenten der Schilderung dieser Welt und des Culture-Clash und auch das Bemühen um historische Korrektheit in Ausstattung, Sprache und Schilderung der Lebensumstände trägt wesentlich zur Kraft und Stimmigkeit von "The Convert" bei. Aus dieser atmosphärischen Dichte heraus entwickelt sich so ein ebenso klassischer wie packender Film, der eindrücklich an die Verbrechen der Kolonialmacht an den Indigenen erinnert.


An Sprachversionen bieten die bei Capelight Pictures erschienene DVD, Blu-ray  und 4K Ultra HD die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie deutsche und englische Untertitel. Als Extras gibt es neben dem deutschen Kinotrailer ein 18-minütiges deutsch untertiteltes Making-of, in dem Interviews mit den Produzenten, Lee Tamahori und den Schauspieler:innen Einblick in die Entstehung des Films bieten, sowie Trailer zu weiteren bei Capelight Pictures erschienenen Filmen.


Trailer zu "The Convert"



 

 

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