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AutorenbildWalter Gasperi

The Others


Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs fühlen sich zwei Kinder und ihre alleinerziehende Mutter in einem Herrenhaus auf der Kanalinsel Jersey zunehmend von Geistern bedroht. – Alejandro Amenabars subtiler Horrorfilm ist bei StudioCanal mit vielfältigen Extras auf DVD und Blu-ray sowie als 4K Ultra HD-Blu-ray erschienen.


Ein klassisches Motiv ist das "Haunted House". Bis zum römischen Autor Plinius dem Jüngeren lässt es sich zurückverfolgen und auch im Kino hat es eine reiche Tradition von Jack Claytons "The Innocents – Das Schloss des Schreckens" (1961) über Robert Wises "The Haunting – Bis das Blut gefriert" (1963) bis zu "Amityville Horror" (1979) und "Poltergeist" (1982). Der 2001 entstandene erste englischsprachige Film des Spaniers Alejandro Amenabar, der auch selbst für das Drehbuch und die Filmmusik verantwortlich zeichnet, scheint dabei vor allem von Claytons "Das Schloss des Schreckens" beeinflusst.


Einen starken Akzent setzt der Spanier schon an den Beginn des 1945, kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs auf der Kanalinsel Jersey spielenden Mix aus Horrorfilm und Mysterythriller. Geschockt wacht nämlich die zweifache Mutter Grace (Nicole Kidman), deren Mann vor eineinhalb Jahren in den Krieg zog und nicht mehr zurückkehrte, aus dem Schlaf auf.


Aber nicht ein Alptraum ist der Grund, sondern Panik erfasst sie, weil die Vorhänge geöffnet sind und Licht in die Zimmer des alten Herrenhauses flutet. Tödlich könnten die Sonnenstrahlen nämlich für ihre beiden etwa acht- und zehnjährigen Kinder Nicolas und Ann sein, die an der sehr seltenen Krankheit Xeroderma pigmentosum leiden, die extreme Lichtempfindlichkeit verursacht.


Den drei neuen Hausbediensteten, die sich wenig später vorstellen, bläut Grace deshalb auch ein, peinlich darauf zu achten, dass die Vorhänge immer geschlossen bleiben und jede Tür erst geöffnet wird, nachdem die vorherige verschlossen wurde.


Steif und streng agiert Grace im Umgang mit ihren Kindern. Einerseits betont sie zwar immer ihre Liebe, jagt ihnen aber auch mit ihrer religiösen Erziehung und der Drohung vor der Hölle immer wieder Angst ein. Als Ann beginnt die religiösen Belehrungen der Mutter zu hinterfragen, reagiert diese unwirsch. Festgefahren ist sie in ihrem Weltbild und duldet keinen Widerspruch.


Noch aggressiver reagiert Grace aber, als Ann erklärt, dass sie Geister sehe und höre. Bald beginnt sie aber selbst Geräusche und Stimmen zu hören und zunehmend zerbricht ihre anfängliche Selbstsicherheit. Immer angespannter wirkt sie und scheint langsam in eine psychische Krise zu stürzen. Keine Besserung bringt auch die überraschende Rückkehr ihres vom Krieg schwer traumatisierten Mannes.


"The Others" spielt nicht nur 1945, sondern sieht auch aus wie Filme aus der Zeit des klassischen Hollywoods aus. Vor allem an Hitchcocks "Rebecca" oder George Cukors "Gaslight – Das Haus der Lady Alquist" fühlt man sich vielfach erinnert. Auf moderne Spielereien verzichtet Amenabar in seinem dritten Spielfilm ebenso wie auf Splatter-Szenen und deftige Schockmomente.


Zurückhaltend inszeniert der Spanier, erzeugt aber mit starker Ausstattung, Musik und Kamerabewegungen eine dichte Atmosphäre. Auch die fast ausschließliche Beschränkung auf das immer wieder von dichtem Nebel umgebene Herrenhaus als Schauplatz und die Familie sowie die drei Hausbediensteten als Figuren verleihen diesem Film Konzentriertheit und Spannung. Neben wohligem Schauer verbreitet sich so zunehmend Verunsicherung, da die Zuschauer:innen bis zum Ende nicht durchschauen können, was hier wirklich vor sich geht.


So kann man "The Others" lange als einen Film über eine überforderte und überspannte alleinerziehende Mutter lesen, die sukzessive in Wahnvorstellungen abgleitet, oder aber auch als Geschichte des wachsenden Widerstands eines Mädchens gegen die rigorose Kontrolle und die Einschränkungen durch eine Helikopter-Mutter. – Das Ende, das auf keinen Fall verraten werden sollte, stellt freilich alle vorigen Vermutungen nochmals auf den Kopf und kann trotz – oder gerade wegen - seiner Ruhe nochmals einen Schock auslösen, der über das Filmende hinaus nachwirkt.


An Sprachversionen bieten die bei Studiocanal erschienene DVD, Blu-ray und 4K Ultra HD-Blu-ray die englische Originalfassung sowie die deutsche und die französische Synchronfassung sowie englische, deutsche und französische Untertitel. Die Extras umfassen neben einem 50-minütigen Feature, in dem Alejandro Amenabar, der Produzent und die Darsteller:innen Einblick nicht nur in die Entwicklung des Drehbuchs und die Finanzierung des Films, sondern auch in die Besetzung der Rollen, die Dreharbeiten und ein Test Screening bieten, ein kurzes Feature zu Amenabars Filmmusik sowie ein 20-minütiges Making of mit Interviews unter anderem mit der Produzentin Paula Wagner, den Schauspieler:innen und dem Regisseur sowie ein Feature zur Erzeugung der visuellen Effekte.


Dazu kommen ein Feature über die reale Krankheit Xenoderma pigmentosum, in der ein Arzt, ein Ehepaar und ihr daran erkranktes Kind Einblick bieten, sowie ein Feature, bei dem Amenabar bei den Dreharbeiten gezeigt wird, eine Bildergalerie und der Kinotrailer.


Trailer zu "The Others"


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