
14 Jahre nach "Im Schatten" folgt Thomas Arslan erneut den Wegen des Berufseinbrechers Trojan: Der meisterhaft entschlackte, von einem stoischen Mišel Matičević in der Hauptrolle getragene Gangsterfilm ist bei Piffl Medien auf DVD erschienen.
Schon mit "Im Schatten" gelang Thomas Arslan ein meisterhafter Thriller im Stil der Filme Jean-Pierre Melvilles. Nachdem dort ein Coup scheiterte, verließ der Berufskriminelle Trojan (Mišel Matičević) Berlin.
Wie Arslan seit "Im Schatten" im Ausland arbeitete, in Kanada den Western "Gold" (2013) und in Norwegen das Drama "Helle Nächte" (2017) drehte und erst mit "Verbrannte Erde" nach Berlin zurückkehrte, so kehrt auch sein Protagonist nach langer Abwesenheit in die deutsche Hauptstadt zurück.
Die fast wortlose zehnminütige Pre-Title-Sequenz spielt aber in Arslans Geburtsstadt Essen. Ebenso präzise wie lakonisch schildert der 63-jährige Deutsche den Einbruch in einer Villa, bei dem Trojan wertvolle Uhren erbeutet. Als deren Verkauf aber scheitert, kehrt er nach Berlin zurück.
Dort versucht er einen neuen Auftrag zu bekommen, doch seine früheren Kontakte sitzen inzwischen im Gefängnis oder führen ein bürgerliches Leben. Schließlich vermittelt ihm eine Auftraggeberin doch einen Job, bei dem er mit drei weiteren Kriminellen Caspar David Friedrichs Bild "Frau vor der untergehenden Sonne" aus einem Museum stehlen soll.
So professionell und kühl Trojan bei seiner Arbeit vorgeht, so überlegt und prägnant ist auch die Inszenierung Arslans. Wie ein Wiedergänger von Alain Delons legendärem Auftragskiller Jeff Costello in Jean-Pierre Melvilles "Le samourai – Der eiskalte Engel" (1967) oder auch des von James Caan gespielten Berufsverbrechers in Michael Manns "Thief – Der Einzelgänger" (1981) wirkt dieser Kriminelle.
Mit höchster Präzision laufen seine Einbrüche ab, Gewalt verabscheut er, gleichzeitig wirkt er mit seiner Ganovenehre ebenso wie mit seiner Handarbeit aus der Zeit gefallen, wenn nun ein Computerexperte den Hold-Up steuern muss und der jüngere Verbrecher Victor (Alexander Fehling) keine Skrupel zeigt und auch brutale Gewalt anwendet, um zu seinem Ziel zu kommen.
Die bürgerliche Welt bleibt in "Verbrannte Erde" ebenso ausgespart wie polizeiliche Ermittlungen. Der Fokus liegt ganz auf der Gangsterwelt. Eine gleichwertige Partnerin findet Trojan, der nur in Hotels wohnt, in der Fluchtfahrerin Diana (Marie Leuenberger), die gleichzeitig als Testfahrerin arbeitet. Zwei Profis begegnen sich hier auf Augenhöhe und gegen Ende scheint sich sogar die Möglichkeit einer Liebe anzudeuten, doch Trojan scheint dazu der Mut oder das Vertrauen zu fehlen.
Die Fluchtfahrerin bietet Arslan gleichzeitig die Möglichkeit zwei packende Verfolgungsjagden im Stil von Walter Hills "Driver" (1978) oder Nicolas Winding Refns "Drive" (2011) zu inszenieren. Die klassischen Standards des Gangsterfilms vom stoischen Verbrecher über den akribisch geplanten und durchgeführten Einbruch bis zum finalen Showdown spielt der deutsche Regisseur so durch, doch nie wirkt sein Film epigonal, sondern entwickelt mit seiner ebenso dichten wie kühlen Inszenierung große Intensität.
Kein Bild und kein Ton sind in diesem entschlackten, aufs wesentliche konzentrierten Film zu viel. Jede Szene hat ihre Funktion und großartig sind auch die Nachtbilder von Kameramann Reinhold Vorschneider, in denen immer wieder alarmierend die roten Bremslichter aufleuchten.
Ohne jeden Schuss und ohne Gewalt kommt dieses Genrestück aus, bis Victor stärker mitzumischen beginnt. In klassischer Manier erzählt Arslan so nicht nur von einem Generationenwechsel im Gangstermilieu, sondern auch von Freundschaft, Loyalität und Verrat. Durchlässig sind aber auch die Grenzen zur bürgerlichen Welt, wenn eine scheinbar biedere Anwältin der Gelegenheit mit einem Betrug schnelles Geld zu machen nicht widerstehen kann.
Schon jetzt darf man so nach diesem Meisterstück, das auch mit dem Preis der deutschen Filmkritik 2024 für den besten deutschen Spielfilm ausgezeichnet wurde, auf den dritten und abschließenden Teil von Arslans geplanter "Trojan-Trilogie" gespannt sein, auch wenn man darauf wohl noch einige Jahre warten muss.
An Sprachversionen bietet die bei Piffl Medien erschienene DVD die deutsche Originalfassung sowie Untertitel für Hörgeschädigte, eine Audiodeskription und englische Untertitel. Die Extras beschränken sich auf den Kinotrailer und eine Trailershow weiterer bei Piffl Medien erhältlicher Filme.
Trailer zu "Verbrannte Erde"
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