Mit 240 Filmen, darunter 42 Kurzfilmen, soll die 59. Ausgabe des Wiener Filmfestivals (21.10. – 31.10. 2021) zu einem Fest fürs Publikum werden. Der Bogen spannt sich wie gewohnt von Highlights der heurigen Festivalsaison bis zu filmhistorischen Reihen. – Der Kartenvorverkauf beginnt am 16.10..
Eröffnet wird die heurige Viennale mit dem Venedig-Sieger "L´Évenement", in dem Audrey Diwan von einer Studentin erzählt, die im Frankreich der 1960er Jahre einen Schwangerschaftsabbruch durchführen will.
2G-Kontrollen im Gartenbaukino, das über 500 Zuschauer*innen fasst, und 2,5-G-Kontrollen (geimpft, genesen oder bis Filmende gültiger PCR-Test) in den anderen Kinos sollen für eine angenehme und sichere Zeit bei dem mit Festival-Highlights gespickten Programm sorgen. Aus Cannes wurde Ryusuke Hamaguchis dreistündige Haruki Murakami-Verfilmung "Drive My Car" ebenso eingeladen wie Mia Hansen Loves "Bergman Island" und Juho Kuosmanens "Hytti Nro 6".
Saftiges Kino dürfte auch Paul Verhoeven bieten, der in seinem im 17. Jahrhundert spielenden "Benedetta" von einer lesbischen Liebe unter Nonnen erzählt. Gaspar Noés "Vortex" gilt mit der Schilderung eines alten Paars, das an Demenz leidet, dagegen als Gegenstück zu Michael Hanekes "Amour". Mit "Red Rocket" darf man sich aber auch auf Sean Bakers Nachfolgefilm zu "The Florida Project" freuen und für ein ganz spezielles Kinoerlebnis wird wohl Apichatpong Weerasethakul sorgen, in dessen "Memoria" Tilda Swinton die Hauptrolle spielt. Ebenfalls aus dem Programm von Cannes geholt wurde Leos Carax´ Musical "Annette", in dem Adam Driver und Marion Cotillard die Hauptrollen spielen sowie Jacques Audiards "Les Olympiades".
In Venedig für Aufsehen sorgten dagegen Paul Schraders "The Card Counter", Jane Campions Neo-Western "The Power of the Dog" und Pablo Larrains Lady Diana-Film "Spencer", während Maria Speths großer Dokumentarfilm "Herr Bachmann und seine Klasse", bei dem die beachtlichen 217 Minuten wie im Flug vergehen, mit dem Publikumspreis der Berlinale nach Wien kommt. Begeistert aufgenommen wurden an der Spree auch Alexandre Koberidzes "What Do We See When We Look at the Sky" und "Petite Maman", in dem Céline Sciamma von einem achtjährigen Mädchen erzählt, das die Welt seiner Mutter erkundet. Ein stimmiges Porträt eines Teenagers gelang dagegen Axelle Ropert mit "Petite Solange".
Auf Jugendliche fokussieren aber auch Alice Rohrwacher, Pietro Marcello und Francesco Munzi in ihrem Dokumentarfilm "Futura", in dem sie Jugendliche zwischen Sizilien und Mailand über ihre Sorgen und das Leben in der Pandemie befragen. Und der Spanier Jonás Trueba drehte "Quien lo impide" über einen Zeitraum von vier Jahren mit acht Heranwachsenden als Hauptdarsteller*innen.
Eine große Bühne für Michelle Pfeiffer bietet Azazel Jacobs in der schrägen Komödie "French Exit", nicht fehlen darf aber auch der Südkoreaner Hong Sangsoo, der nicht nur mit "Introduction - In-teu-ro-deok-syeon", sondern auch mit "In Front of Your Face – Dangsin-eolgul-apeseo" vertreten ist.
Aber auch (noch) weniger bekannte Regisseur*innen wie Elene Naveriani, die in "Wet Sand" ebenso geduldig wie bildstark von einer jahrelang verdrängten homosexuellen Liebe und der Homophobie in Georgien erzählt, oder die Rumänin Alina Grigore, deren "Crai nou" in San Sebastian mit dem Hauptpreis ausgezeichnet wurde, sollte man nicht übersehen. Gespannt sein darf man auch auf Jonas Carpignanos "A Chiara", der vor kurzem beim Zurich Film Festival den Hauptpreis gewann, und ein ganz wunderbarer, völlig unspektakulärer Film gelang den Brüdern Ramon und Silvan Zürcher mit "Das Mädchen und die Spinne". Auf beste Kritiken kann aber auch schon "Jaddeh Khaki - Hit the Road" des Iraners Panah Panahi, dem Sohn des mit Berufsverbot belegten Jafar Panahi, verweisen.
Mit 42 Filmen kurzer und mittlerer Länge wird auch stärker als bisher auf die Bedeutung dieses Formats hingewiesen und stark präsent ist mit sechs Langfilmen und zehn Kurzfilmen das österreichische Filmschaffen. Gespannt sein darf man hier besonders auf Sebastian Meises in Cannes preisgekröntem "Große Freiheit", der soeben als österreichischer Beitrag für die Oscar-Verleihung eingereicht wurde, sowie "Moneyboys", in dem C.B. Yi von einem Stricher erzählt, dessen Familie zwar sein Geld nimmt, seine Homosexualität aber nicht akzeptiert.
Mit einer umfassenden Retrospektive wird der Brite Terence Davies gewürdigt. Davies, der auch den Viennale-Trailer 2021 schuf, wird auch in Wien erwartet und auch ein Buch über den kompromisslosen Autorenfilmer wird aus diesem Anlass erscheinen. In die Stummfilmzeit entführt dagegen unter dem Titel "Der Schattenspieler" ein in Zusammenarbeit mit dem Filmarchiv Austria kuratiertes Programm, das dem im ehemals österreichisch-ungarischen Lemberg geborenen Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur Henrik Galeen gewidmet ist. Klassiker wie "Der Student von Prag", "Der Golem" oder "Das Wachsfigurenkabinett" können hier neu oder wiederentdeckt werden.
Doch nicht nur alte Meister sollen bei der Viennale gewürdigt werden, sondern auch noch unbekannte Regisseure wie der Italiener Fabrizio Ferraro oder die 1974 verstorbene Sara Gómez sollen ins Licht gerückt und bekannter gemacht werden. Eine große Retrospektive ist so auch in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Filmmuseum dem gebürtigen Wiener Amos Vogel gewidmet, der heuer 100 Jahre alt geworden wäre. Nach seiner Flucht aus Wien im Jahr 1938 wurde Vogel in seiner Wahlheimat New York zu einem der einflussreichsten Filmkuratoren weltweit.
Weitere Berichte zur 59. Viennale 2021:
Trailer zur Viennale 2021
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