Zwar nur online können die 56. Solothurner Filmtage (20. – 27.1. 2021) stattfinden, aber mit 170 Filmen wird dennoch wieder ein großer Überblick über das aktuelle Schweizer Filmschaffen geboten und neben dem Prix de Soleure und dem Prix du Public wird erstmals auch der Opera Prima für das beste Erstlingswerk verliehen.
Landesweit werden die Solothurner Filmtage am 20. Januar mit der Ausstrahlung des Eröffnungsfilms "Atlas" des jungen Tessiner Filmemachers Niccolo Castelli auf den drei Schweizer TV-Sendern SRF, RTS und RSI gestartet.
An den folgenden Tagen wird dann jeweils eine Auswahl von rund 20 neuen Schweizer Filmen auf der neuen Website der Filmtage für 72 Stunden zum Streaming bereitgestellt. Auch Live-Gespräche mit Filmschaffenden sollen dabei möglich sein.
Wie gewohnt wird auch heuer der mit 60.000 Schweizer Franken dotierte Prix de Soleure, der thematisch auf gesellschaftlich aktuelle Filme mit humanistischem Inhalt ausgerichtet ist, vergeben. Zehn Dokumentar- und zwei Spielfilme von acht Regisseurinnen und fünf Regisseuren konkurrieren in diesem Wettbewerb. Während Andrea Stakas starkes Frauenporträt "Mare" schon in den Schweizer Kinos lief, feiert mit Mano Khalils "Nachbarn" der zweite Spielfilm dieser Sektion in Solothurn seine Weltpremiere.
Auf große Beachtung stieß auf anderen Festivals schon "Das neue Evangelium", in dem Milo Rau - ähnlich wie einst Pier Paolo Pasolini - in einer Verschränkung von Dokumentarfilm und Drama die Geschichte von Jesus mit MigrantInnen im Süden Italiens neu erzählt. Alice Schmid spürt dagegen in "Burning Memories" ihrer über Jahrzehnte verdrängten, traumatischen Kindheit nach, während Sonja Wyss, die zusammen mit ihren drei Schwestern als Kleinkind von den Bahamas in eine Schweizer Pflegefamilie kam, in "Farewell Paradise" ihre Familiengeschichte rekonstruiert.
Mirjam von Arx wiederum versucht in "The Scent of Fear" das Gefühl der Angst zu erkunden, während Jean-Stéphane Bron in "The Brain" sich mit der Frage auseinandersetzt, ob wir demnächst in der Lage sein werden, das menschliche Gehirn auf einem Computer nachzubilden. Valeria Jalonga wiederum begleitet in "L´acqua, l´insegna la sete" einen pensionierten Lehrer, bei dem eine alte Klassenzeitung, ein Gedicht une ein Videotagebuch eine Spurensuche auslöst. Farida Pacha dagegen porträtiert in "Watch Over Me" drei Inder, die in Neu Dehli für eine palliative Pflegeorganisation arbeiten.
Im Wettbewerb um den mit 20.000 Schweizer Franken dotierten Prix du Public konkurrieren elf Spiel- und Dokumentarfilme. Auch hier finden sich mit Stefan Haupts Essayfilm "Zürcher Tagebuch", Gitta Gsells "Beyto" und Stéphane Chuats und Véronique Reymonds "Schwesterlein" zumindest drei Filme, die schon in den Schweizer Kinos liefen. Aufgrund der Corona-Pandemie verzögert hat sich der Start von Bettina Oberlis "Wanda, mein Wunder", der beim Zurich Film Festival im September seine Premiere feierte, während Thomas Imbachs "Nemesis" schon letztes Frühjahr bei den Visions du Réel in Nyon im Wettbewerb lief.
Gespannt sein darf man hier auch auf die Weltpremiere des Dokumentarfilms "Ale", in dem O´Neil Burgi eine junge Wrestlerin porträtiert, oder Stefanie Klemms Spielfilm "Von Fischen und Menschen, in dem das Glück einer Mutter durch den Tod der Tochter abrupt zerbricht.
"Von Fischen und Menschen" konkurriert mit 13 weiteren Filmen auch um den mit 20.000 Schweizer Franken dotierten neu geschaffenen Preis Opera Prima für das beste Erstlingswerk. Die Bandbreite der Konkurrenz spannt sich hier von Nino Stefankas Dokumentarfilm "Miraggio", in dem fünf aus Westafrika Geflüchtete über ihre Sehnsucht nach einem besseren Leben reflektieren, bis zu Vladav Oszkiels Spielfilm "Lieblingsmenschen", in dem fünf Großstädter bei einem Ausflug aufs Land in eine Krise schlittern.
Zu diesen Wettbewerben kommt das "Panorama", das eine vielfältige Auswahl an Schweizer Spiel- und Dokumentarfilmen bietet. Die schon im Kino gelaufenen Dokumentarfilme "The Wall of Shadows" oder "W. – Was von der Lüge bleibt" finden sich hier ebenso wie noch unbekannte Produktionen.
Der Schweizer Nachwuchs wird mit dem Programm "Upcoming" ins Rampenlicht gerückt und unter dem Titel "Lob der Kritik" werden Filme gezeigt, die den Blick aufs Medium schärfen und von Online-Gesprächen mit Schweizer und internationalen Teilnehmern begleitet werden. Die Programmschiene "Rencontre" bietet mit 19 Filmen Einblick in das Schaffen des Tessiner Produzenten und Regisseurs Villi Hermann und unter dem Titel "Film.Pionierinnen 1971 – 1981" werden Filme von sieben Regisseurinnen gezeigt, die im Jahrzehnt nach dem politischen Durchbruch mit der Einführung des Frauenstimmrechts 1971 Schweizer Filmgeschichte schrieben.
Weitere Berichte zu den 56. Solothurner Filmtagen:
Weitere Informationen und das detaillierte Programm finden Sie unter www.solothurnerfilmtage.ch/de
Trailer der 56. Solothurner Filmtage
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