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AutorenbildWalter Gasperi

Vorschau auf die 59. Solothurner Filmtage (17. – 24.1. 2024)

Aktualisiert: 21. Jan.

Morgen beginnen die 59. Solothurner Filmtage (17. - 24.1. 2024), die mit 238 Filmen wieder einen Überblick über das aktuelle Schweizer Filmschaffen bieten. Dazu kommen Spezialprogramme und Hommagen, die eine spannende und anregende Festivalwoche versprechen.


Seit nunmehr beinahe 60 Jahren steht die Barockstadt, die an der Aare am Fuße des Juragebirges liegt, jeweils in der dritten Januarwoche ganz im Zeichen des Schweizer Films. Dann werden Landhaus, Reithalle und Konzertsaal als Kinos genutzt und die knapp 17.000 Einwohner:innen zählende Kleinstadt, in der die Zahl Elf eine besondere Rolle spielt, quillt förmlich über vor Gästen.


Eröffnet werden 59. Solothurner Filmtage, für die seit dem letzten Jahr der Luganer Niccolò Castelli als künstlerischer Leiter verantwortlich zeichnet, mit der Weltpremiere des Spielfilms "Les paradis de Diane" von Carmen Jaquier und Jan Gassmann. Gespannt sein darf man auf diesen Auftakt, in dessen Mittelpunkt eine Frau steht, die nach der Geburt ihres Kindes untertaucht, denn Jaquier hat zuletzt mit der Schweizer Oscar-Einreichung "Foudre" begeistert und Gassmann hat sich mit "99 Moons" als wagemutiger Filmemacher präsentiert.


Im Wettbewerb um den mit 60.000 Schweizer Franken dotierten "Prix de Soleure" konkurrieren heuer fünf Dokumentar- und zwei Spielfilme. Sehr präsent ist in dieser Programmschiene, die den Fokus auf Filme mit gesellschaftlicher Relevanz und humanistischem Gehalt legt, die Flüchtlingsthematik. So erzählt Karim Sayad im Dokumentarfilm "2G" von ehemaligen nigerianischen Schleppern, die ihren Lebensunterhalt nun mit Goldwaschen verdienen. In Lisa Gerigs "Die Anhörung" durchleben dagegen vier abgewiesene Asylsuchende die Anhörung zu ihren Fluchtgründen noch einmal und Mehdi Sahebi bietet in "Prisoners of Fate" Einblick in das Laben afghanischer und iranischer Flüchtlinge in der Schweiz.


In Andres Peyrots Dokumentarfilm "Dieu est une femme" entdecken dagegen die in Panama indigenen Kuna sich selbst in einem Film, der vor fast 50 Jahren über sie gedreht wurde. Werner Schweizer spürt dagegen in "Operation Silence – Die Affäre Flükiger" dem bis heute ungeklärten Tod des Rekruten Flükiger im Herbst 1977 nach.


Bei den Spielfilmen darf man sich neben dem Eröffnungsfilm auf die Rückkehr von Jeanne Waltz freuen, die sich 16 Jahre nach ihrem viel beachteten "Pas Douce – Die Unsanfte" mit "Le vent qui siffle dans les grues" zurückmeldet. In dem in den 1990er Jahren an der Algarve spielenden Film geht es laut Pressetext um eine junge Liebe, die von einer grausamen Familiengeschichte überschattet wird.


Gewohnt leichtere Kost wird im Wettbewerb um den mit 20.000 Schweizer Franken dotierten "Prix du Public" geboten, für den vier Spiel- und fünf Dokumentarfilme nominiert wurden. Während Dominique Margot sich in "Bergfahrt" mit dem Massentourismus in den Alpen und dessen notwenigem Wandel auseinandersetzt, porträtiert Luka Popadic in "Echte Schweizer" Migranten, die in der Schweizer Armee dienen.


Witzig könnte Aldo Gugolz´ dokumentarische Spurensuche nach dem mysteriösen berndeutschen Wort "Omegäng" werden, während Adrian Winklers Nachzeichnung der Entführung einer vollbesetzten Swissair-Maschine im Jahr 1970 durch militante Palästinenser eher Spannung verspricht ("Swissiar Flug 100 – Geiseldrama in der Wüste"). Aber auch Matthias von Guntens Langzeitbeobachtung "Zehn Jahre", in der vier junge Menschen bei der Suche nach ihrem Platz im Leben begleitet werden, klingt vielversprechend.


Zu den renommierten Regisseur:innen zählen Pierre Monnard, der im Spielfilm "Bisons" von einem Schwinger erzählt, der den Bauernhof seiner Eltern zu retten versucht, sowie Katalin Gödrös, die in "Jakobs Ross" von einem jungen Knecht erzählt, der gemeinsam mit einer musikalisch hochbegabten Magd, mit der er zwangsverheiratet wird, der Chancenlosigkeit zu entkommen versucht.


Komödiantische Töne dürften Anna Luif, die in "Les histoires d´amour de Liv S." eine Frau nach einem Streit mit ihrem Freund ihre vergangenen Beziehungen Revue passieren lässt, sowie Emmanuel Laskar anschlagen. In Laskars "Le medium" verliebt sich ein junges Medium in eine junge Frau, die vom kürzlichen Tod ihres Lebensgefährten erschüttert ist.


Vier Dokumentar- und drei Spielfilme konkurrieren im Wettbewerb um den mit 20.000 Schweizer Franken dotierten Preis "Visioni", der an die Stelle des vormaligen Preises "Opera prima" gerückt ist und der ersten und zweiten langen Filmen vorbehalten ist. Während Samuel Perriard in "8 Tage im August" von zwei Familien erzählt, deren gemeinsamer Urlaub durch den Zusammenbruch eines der Kinder erschüttert wird, fragen Laura Cazador und Amanda Cortés im Dokumentarfilm "Autour du feu", wie weit man gehen darf, um seine Ideale zu verteidigen.


Spannende neue filmische Wege könnten hier Lisa Gertschs "Electric Fields" und Michael Karrers "Füür brännt" einschlagen, lesen sich die Beschreibungen in der Pressemappe doch ziemlich kryptisch. Eine klassische Recherche dürfte dagegen Olmo Cerris Dokumentarfilm "La scomparsa di Bruno Breguet" bieten, in dem mittels ehemaligen Weggefährt:innen der Fall eines Tessiner Gymnasiasten nachgezeichnet wird, der 1970 Sprengstoff für den palästinensischen Widerstand schmuggeln wollte.


Christian Johannes Koch und Jonas Matauschek wiederum begleiten in "Wir waren Kumpel" fünf deutsch Minenarbeiter, die sich nach Ende der Steinkohleförderung neu orientieren müssen, während Julie Wolf in "Sab´" vier Gymnasiat:innen porträtiert, die ein Zwischenjahr machen.


Zu diesen Wettbewerben, in denen die Filme vielfach als Weltpremieren gezeigt werden, kommt aber auch noch das "Panorama", das einen Überblick über die letztjährigen Produktionen und Koproduktionen von "Die Nachbarn von oben" über "Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste" bis "Blackbird Blackbird Blackberry" geboten wird.


Entdeckungen kann man aber auch in der Sektion "Talente" machen, in dessen Wettbewerb ausschließlich Filme gezeigt werden, die im Rahmen der Ausbildung an Filmschulen realisiert wurden. Dazu kommen ein Kurzfilm- und ein Animationsfilmwettbewerb ebenso wie das Programm "Best Swiss Video Clip", aber auch die Filmgeschichte wird gepflegt.


So werden im Spezialprogramm "Rencontre" heuer die drei Gründer des Genfer Studios GDS, Claude Luyet, Georges Schwizgebel und Daniel Suter geehrt. Dazu gibt es nicht nur ein umfangreiches Filmprogramm, sondern auch ein "Ciné-Konzert" sowie Gespräche und eine Ausstellung im Kino im Uferbau.


In der Schiene "Histoires du cinéma suisse" wird Einblick in die 100-jährige Geschichte der Praesens-Film AG geboten und unter dem Titel "Hommages" werden die Dramaturgin, Regieassistentin und Autorin Madeleine Fonjallaz sowie der Toningenieur Francois Musy gewürdigt.


Aber auch zahlreiche Gesprächsreihen fehlen nicht und mit dem Programm "SO PRO" soll Filmschaffenden auch ein Ort der Vernetzung und des konstruktiven Dialogs geboten werden. – Spannenden Festivaltagen in der "schönsten Barockstadt der Schweiz" sollte somit nichts im Wege stehen.



Weitere Informationen und das detaillierte Programm finden Sie hier.


Trailer zu den 59. Solothurner Filmtagen



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