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  • AutorenbildWalter Gasperi

Waren einmal Revoluzzer


Zwei liberale Wiener Paare wollen endlich mal nicht nur reden, sondern auch konkret helfen und holen ein in Russland verfolgtes Paar nach Österreich. Damit kommen in Johanna Moders von einem starken Ensemble getragenen Tragikomödie aber nicht nur das wohlgeordnete Leben, sondern auch die Beziehungen durcheinander.


Direkt ist der Einstieg und bei der Feier zu Helenes 40. Geburtstag werden auch gleich die beiden befreundeten Paare, die im Zentrum stehen, vorgestellt. Da ist auf der einen Seite Helene (Julia Jentsch), die als Richterin arbeitet und mit ihrem Lebenspartner Jakob (Manuel Rubey), einem wenig erfolgreichen Musiker, zwei Kinder hat. Auf der anderen Seite steht der Therapeut Volker (Marcel Mohab), der immer wieder herausstreicht, wie erfolgreich er ist, und seine neue Freundin Tina (Aenne Schwarz).


Als der russische Dissident Pavel (Tambet Tuisk), den die Paare aus Studentenzeiten kennen, um Hilfe bittet, ergreift Helene die Initiative, doch bald steht nicht nur Pavel, sondern auch dessen Frau mit Baby in Wien am Bahnhof. Freundlich nimmt man die Gäste zunächst auf, doch bald werden sie zur Last.


Wie ein Katalysator für die Beziehungen der beiden österreichischen Paare wirkt das russische Paar, das genau weiß, was es will und sich bald nicht mehr herumschubsen lässt. Nach harmonischem Beginn bauen sich so langsam immer größere Spannungen auf, drohen die Beziehungen zu zerbrechen und die Anspannung führt bei Helene schließlich auch zu physischen Reaktionen.


Treffend deckt Johanna Moder auf, wie Lebensentwürfe und Lebensideale der Studentenzeit nun für die 40-Jährigen nicht mehr tragfähig sind und andere Lebensziele im Mittelpunkt stehen. Nach außen hin will man sich zwar engagieren, wird man dabei aber konkret, wird einem dies bald zu viel.


Geschickt ist das Drehbuch aufgebaut, forciert nichts übermäßig, orientiert sich vielmehr an der Realität und setzt auf einen genauen Blick auf die hervorragend besetzten Protagonisten. Julia Jentsch vermittelt die Überlastung Helenes, die sich neben Job und Familie auch noch um Pavel und seine Familie kümmern soll, ebenso überzeugend wie Manuel Rubey die zunehmenden Zweifel Jakobs an seinem Musikerberuf und die sich steigernde Frustration. Stark ist auch Marcel Mohab als scheinbar immer souveräner und cooler Volker, während mit der von Aenne Schwarz gespielten neuen Freundin Tina ein Blick von außen auf das Trio, das sich seit langem kennt, ins Spiel kommt.


Zwar steht Helene im Zentrum, doch im flüssigen Wechsel zwischen den Figuren und den Schauplätzen bietet Moder treffend Einblick in die unterschiedlichen Charaktere. Auf kleiner Flamme köchelt sie dabei, steigert aber die Spannungen mit sicherer Hand sukzessive. Die Komik wird dabei freilich mit Fortdauer bitterer, der Ton ernster, denn zunehmend werden auch die negativen Seiten der Protagonisten sichtbar.


So genau Moders Blick aber auch ist und so blendend das Ensemble auch harmoniert und mit sichtlicher Spielfreude agiert, so fehlt der Inszenierung im Bemühen um möglichst große Realitätsnähe und dem Verzicht auf jede Übertreibung für einen Spielfilm insgesamt doch etwas der Pfiff und der Drive, um wirklich mitzureißen.


Läuft derzeit in den österreichischen Kinos TaSKino Feldkirch im Kino Rio: 1. bis 4.9.

Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: 2.9., 20 Uhr

Filmkulturclub Dornbirn im Cinema Dornbirn: 2.9., 18 Uhr + 3.9., 19.30 Uhr



Trailer zu "Waren einmal Revoluzzer"



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