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Warfare

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • vor 12 Minuten
  • 3 Min. Lesezeit
"Warfare": Aufwühlend intensiver Kriegsfilm jenseits jeder Heldenverehrung
"Warfare": Aufwühlend intensiver Kriegsfilm jenseits jeder Heldenverehrung

Alex Garland und Ray Mendoza zeichnen akribisch den Überlebenskampf einer Gruppe von US-Soldaten nach, die im Irak-Krieg nach der Besetzung eines Hauses unter Beschuss geraten: Ein quasidokumentarischer Kriegsfilm, der auf jegliche Hintergrundinformationen verzichtet, aber immersiv und hautnah das Kampfgeschehen als unerträgliche Hölle schildert.


Letztes Jahr erzählte der Brite Alex Garland in "Civil War" von einem fiktiv von einem zukünftigen Bürgerkrieg in den USA. Schon dort fungierte der Kriegsveteran Ray Mendoza als militärischer Berater. In "Warfare" ("Kriegsführung") zeichnet Garland nun auf der Basis der Erinnerungen von Mendoza, der auch an Drehbuch und Regie mitarbeitete, nach, was sich am 19. November 2006 im irakischen Ramadi abspielte.


Damals besetzte ein Platoon von Navy SEALs unter der Führung von Mendoza das Haus einer irakischen Familie, um das Gebiet abzusichern. Bald versammelten sich aber in und auf den benachbarten Häusern irakische Kämpfer und begannen die Amerikaner zu beschießen.


Am Beginn steht Eric Prydz´ Song "Call on Me" und dessen Video, bis mit einem Schnitt eine Gruppe von US-Soldaten ins Bild kommt, die durch das Video aufgeheizt werden. Der Erotik der Aerobic-Posen im Video wird bald der Überlebenskampf im Irak-Krieg gegenüberstehen, den spärlich bekleideten Frauen die Männer in ihren Kampfanzügen, den kräftigen Farben der Aerobic-Anzüge die Brauntöne der Stadt, des Hauses und der Kleidung.


Hautnah ist die extrem mobile Kamera von David J. Thompson an den Navy SEALs, wenn sie den gepanzerten Wagen verlassen, ein Haus besetzen, die beiden darin wohnenden Familien in ein Zimmer drängen und die Sicherung des Hauses beginnen. Ständig sind sie in Funkkontakt mit der unsichtbar bleibenden Kommandostelle, während ein Scharfschütze die Vorgänge auf der Straße und den benachbarten Häusern beobachtet.


Annähernd in Echtzeit erzählen Garland / Mendoza. Lange passiert im Grunde nicht viel, sondern es wird gescherzt und auch Entspannungsübungen werden gemacht, aber greifbar sind in der hyperrealistischen Inszenierung und im detailreichen Blick die Anspannung und die Angst, dass jeden Moment der Beschuss losbrechen könnte. Langsam spitzt sich die Situation zu, als der Scharfschütze meldet, dass sich zunehmend mehr Männer mit Waffen in der Nachbarschaft versammeln und sich gleichzeitig die Straßen leeren, bis schließlich eine Granate in einem Zimmer detoniert und der Beschuss einsetzt.


Auf jede Hintergrundinformation verzichten Garland und Mendoza. Sie thematisieren nicht, wieso die Amerikaner im Irak Krieg führen und auch die Gegner bekommen kein Gesicht. Ganz bei den Navy Seals bleibt der Film, verzichtet auch auf die sonst üblichen Backstories zu den Protagonisten, sondern konzentriert sich ganz auf das Hier und Jetzt. Kaum Profil als Personen gewinnen die perfekt besetzten und gespielten Soldaten, sondern in erster Linie als Gruppe werden sie inszeniert, für die der Einsatz zunehmend zu einem verzweifelten Überlebenskampf wird.


Sichtbar wird dabei auch, dass Menschenleben für die Truppe unterschiedlichen Wert haben. Denn während zwei verbündete irakische Dolmetscher und Späher immer wieder mit den gefährlichsten Aufgaben betraut und rücksichtslos geopfert werden, unternehmen die Soldaten alles, um ihre schwer verletzten amerikanischen Kameraden zu retten.


Nicht nur mit der nah geführten Kamera, sondern auch mit einem aufwändigen Sounddesign versetzen Garland und Mendoza die Zuschauer:innen unmittelbar ins Kriegsgeschehen. Erfahrbar wird so das Knalltrauma, wenn nach Explosionen mehrfach Geräusche nur noch dumpf hörbar sind, dazu kommen immer wieder die markerschütternden Schreie der Verletzten und dazwischen die Versuche über Funk Hilfe zu erhalten. Mehrfach donnern so im Tiefflug mit ohrenbetäubendem Lärm Kampfjets über die Stadt, erschüttern die Häuser und wirbeln Staub auf.


Quälend intensiv werden Angst, Schmerz, aber auch das sich langsam steigernde Chaos spürbar. Nicht auf Erkenntnisgewinn zielt "Warfare" ab, sondern will vielmehr den Krieg als Hölle erfahrbar machen.


Unterbrochen wird dieser schwer zu ertragende Trip nur durch schwarzweiße Bilder der Luftraumüberwachung, mittels der die Soldaten über Feindbewegungen informiert werden. Der Nähe der Szenen im Haus, steht damit ein distanzierter Blick gegenüber, in dem die Menschen nur kleine weiße Punkte auf den Straßen und Dächern der Häuser sind.


Garland und Mendoza werten nicht, beschränken sich auf die quasidokumentarische Rekonstruktion der Ereignisse, doch allein die Schilderung ist hier schon eine erschütternde Stellungnahme gegen jeden Krieg. Nichts Heldenhaftes hat der Einsatz hier an sich, sondern rein ums Überleben kämpfen die Soldaten, bis im Nachspann zu Lows "Blood and Dancing" den Schauspielern Fotos der realen Soldaten gegenübergestellt werden.

 


Warfare

USA / Großbritannien 2025

Regie: Alex Garland, Ray Mendoza

mit: Will Poulter, Cosmo Jarvis, Noah Centineo, Kit Connor, Joseph Quinn, D'Pharaoh Woon-A-Tai, Finn Bennett, Michael Gandolfini

Länge: 95 min.



Läuft derzeit in den österreichischen und deutschen Kinos, z.B. im Cineplexx Hohenems


Trailer zu "Warfare"


 

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