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AutorenbildWalter Gasperi

Where´d you go Bernadette? – Bernadette

Aktualisiert: 27. Juli 2022


Bernadette Fox war einst eine Stararchitektin, steckt jetzt die Mittvierzigerin aber in einer tiefen Krise. – Cate Blanchett brilliert in Richard Linklaters Tragikomödie, doch zu unentschlossen und leichtgewichtig wirkt dieser zwischen skurriler Komödie, Familiendrama und Studie einer psychisch angeschlagenen Frau pendelnde Film.


Der 1960 in Houston geborene Richard Linklater lässt sich nicht in eine Schublade pressen. Immer wieder probiert er mit seinen Filmen etwas Neues, feierte mit der „Before“-Trilogie und der Langzeitbeobachtung der Entwicklung eines Jungen zum Erwachsenen in „Boyhood“ wohl seine größten Erfolge, drehte dazwischen aber auch die High-School-Komödie „School of Rock“, experimentierte mit Comic- und Animationstechniken in „Waking Life“ und dem Science-Fiction-Film „A Scanner Darkly“ oder warf einen kritischen Blick auf die Fast-Food-Industrie in der Sachbuchverfilmung „Fast Food Nation“. Bei der Kritik völlig durchgefallen ist zuletzt „Last Flag Flying“, eine inoffizielle Fortsetzung von Hal Ashbys New Hollywood-Klassiker „The Last Detail – Das letzte Kommando“.


Wieder einen neuen Weg schlägt der Texaner mit seiner Verfilmung von Maria Semples 2012 erschienenem Roman „Wo steckst du, Bernadette?“ ein. Stehen sonst meist Männer im Zentrum von Linklaters Filmen, bietet er hier der Australierin Cate Blanchett eine große Plattform.


Einen skurrilen Ton schlägt Linklater dabei schon mit der ersten Szene an, in der Blanchett in einem Kajak allein zwischen riesigen Eisbergen in der Antarktis unterwegs ist. Unterlegt ist der Szene ein Kommentar ihrer 15-järhigen Tochter Bee (Emma Nelson), die sich Sorgen um die psychisch angeschlagene Mutter macht.


Von diesem Einstieg springt Linklater fünf Wochen zurück und von der Antarktis nach Seattle, wo Bernadette Fox mit ihrem als Softwareentwickler arbeitenden Mann (Billy Crudup) und Bee in einem halbverfallenen Haus lebt, in dem die Vegetation wild wuchern darf, die Zimmer voll Gerümpel sind, die Farbe von den Wänden bröckelt und der Regen durch das Dach tropft.


Mit ihren Nachbarn ist die Mittvierzigerin ständig im Clinch, übergibt unliebsame Erledigungen per Smartphone an die unsichtbare Assistentin Manjula, die in Indien sitzen soll. Kontakt mit Menschen meidet sie, versteckt ihre Augen hinter einer großen, dunklen Sonnenbrille, leidet unter Schlafstörungen und kommt ohne Tabletten nicht aus.


Erst spät und nur sehr gerafft erfährt man über ein Youtube-Video über die Biographie dieser Architektin und die Ursache ihrer Krise. Einst war sie nämlich ein Star in ihrer Branche und wurde für ihre Ideen zum nachhaltigen Bauen gefeiert, dann stürzte sie aber durch den Abriss eines ihrer Lieblingsprojekte und vier Fehlgeburten in eine schwere Krise.


Trotz einer wie immer großartigen Cate Blanchett wird die Tragik dieser Frau, die in ihrer psychischen Verfassung an Blanchetts oscarprämierte Rolle in Woody Allens „Blue Jasmine“ erinnert, nicht wirklich spürbar. Zu leicht ist dazu der Erzählton Linklaters, zu skurril und witzig legt er viele Szenen an. Mehr märchenhaft als realistisch wirkt auch, wie er die Familie über eine Reise in die Antarktis wieder zueinander und Bernadette wieder zu einer beruflichen Vision und Aufgabe finden lässt.


Gerne schaut man Blanchett zwar zu und durchaus unterhalten kann „Where´d you go Bernadette?“ mit seinem Einfallsreichtum, wirklich überzeugen kann diese Tragikomödie aber nicht. Aufgesetzt und wenig ergiebig bleibt beispielsweise die Bezugnahme auf die Heilige Bernadette von Lourdes und ihre Visionen, blass bleiben auch Vater und Tochter und auch der Gegensatz zwischen der kreativen Bernadette und dem in der Computerbranche arbeitenden Ehemann wird nicht ausgelotet.


Während die „Before“-Trilogie und „Boyhood“ gerade durch den genauen Blick auf die Protagonisten überzeugte und bewegte, wirkt diese Tragikomödie fahrig und die Figur der Bernadette ist mehr skurril als bewegen. Auch eine grandiose Szene, in der Mutter und Tochter gemeinsam im Auto Cindy Laupers „Time After Time“ singen und ihre Nähe mitreißend spürbar wird, kann daran letztlich nichts ändern.


Läuft derzeit im Kinok St. Gallen und im Skino Schaan

Trailer zu "Where´d You Go Bernadette? - Bernadette"



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