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  • AutorenbildWalter Gasperi

Zwei zu Eins

Mit Sandra Hüller, Max Riemelt, Ronald Zehrfeld und Peter Kurth ist Natja Brunckhorsts Komödie um einen großen Diebstahl von Ostmark während der Wendezeit großartig besetzt, doch das Timing stimmt überhaupt nicht, sodass weder Witz noch Spannung aufkommen.


Natja Brunckhorst, die 1981 durch die Hauptrolle in "Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" bekannt wurde, ließ sich bei ihrem nach "Alles in bester Ordnung" (2022) zweiten Langfilm von einem wahren Fall inspirieren: 109 Milliarden DDR-Mark mit einem Gesamtgewicht von etwa 3000 Tonnen wurden im Frühling 1990 von der DDR in einer Tunnel- und Stollenanlage bei Halberstadt eingelagert, um später vernichtet zu werden. Neben den ungültig geworden Scheinen fanden sich darunter auch 200- und 500-Mark-Scheine, die niemals in Umlauf gelangten.


Als rund zehn Jahre später auffallend viele druckfrische DDR-Banknoten, darunter auch 200- und 500-Mark-Scheine auf dem Sammlermarkt angeboten wurden, wurde klar, dass offensichtlich Diebe Geld aus dem Lager entwendet hatten.


"Zwei zu Eins", dessen Titel sich auf das Umtauschverhältnis von Ostmark in D-Mark zur Zeit der Währungsunion 1990 bezieht, spielt im Frühsommer dieser Wendezeit in Halberstadt. Unsicher sind Maren (Sandra Hüller), ihr Mann Robert (Max Riemelt) und ihre Freund:innen, wie es weitergehen soll. Ihre alte Welt ist am Verschwinden, die neue hat sich noch nicht durchgesetzt.


Mit in Gelbtöne getauchten Bildern und sorgfältiger Ausstattung beschwört Natja Brunckhorst diese Zeit, verfällt aber nicht in (N)ostalgie. Kurz skizziert sie mit der Entlassung Roberts die prekäre Situation, vermittelt aber auch die Hilflosigkeit der einst gefürchteten Volkspolizei, wenn sie nun Marens Sohn Jannek (Anselm Haderer) wegen eines harmlosen Graffitis erfolglos verfolgt.


Doch schon in dieser Szene offenbart sich das Hauptproblem von "Zwei zu Eins": Spannend oder witzig oder auch beides zugleich könnte diese Flucht Janneks sein, doch nichts von beidem entwickelt sich hier. Liebevoll ist der Film zwar gemacht, doch die Gags wollen einfach nicht zünden. Wie eine fluglahme Ente hebt diese Komödie nicht ab.


Das Potential wäre dabei durchaus gegeben, wenn sich mit der Rückkehr von Marens und Roberts Jugendfreund Volker (Ronald Zehrfeld), der vor Jahren Hals über Kopf in den Westen geflohen ist, auch noch eine Dreiecksgeschichte einstellt. Mit seinem Blick von außen fallen ihm die immer wieder an dem Wohnblock vorbeidonnernden Lastwagen auf, die das Trio, unterstützt von Roberts bei der NVA arbeitendem Onkel Markowski (Peter Kurth), auf die Spur des Geldlagers bringt.


Doch auch bei diesem Beutezug, bei dem sie in Rücksäcken Geld aus dem Tunnel klauen und die ziemlich trotteligen Wachbeamten übertölpeln, stellt sich weder Witz noch Spannung ein. Und auch bei der gemeinsamen Verwaltung des neuen Vermögens im Wohnblock, in dem nun die Scheine direkt in D-Mark umgetauscht werden oder mit den Ostmark Elektrogeräte gekauft und dann gegen D-Mark wieder verkauft werden, fehlen treffsichere Pointen.


Immer weiter treibt Brunckhorst zwar die Handlung, wenn an die Stelle des Gemeinsinns bald Gier des Einzelnen tritt und weitere Methoden zur Verwertung der wertlosen DDR-Mark gesucht und gefunden werden, doch Esprit und Durchschlagskraft entwickeln sich nie.


Enorm ist so die Fallhöhe zu Billy Wilders "Eins, zwei, drei", der quasi als Gegenpol zu "Zwei zu Eins" vom Bau der Berliner Mauer erzählte. Wie dort könnte auch hier eine bissige Abrechnung mit Kommunismus und Kapitalismus geboten werden, könnte pointiert von Zweierbeziehung und offener Liebe erzählt werden, doch leider verpufft jede Idee im Nichts.


Mit sichtlichem Vergnügen spielen zwar Sandra Hüller, die hier nach "Anatomie d´une chute" und "The Zone of Interest" wieder in einer leichteren Rolle zu sehen ist, Max Riemelt, Ronald Zehrfeld und Peter Kurth und trefflich besetzt sind auch die Nebenrollen. Voll Sympathie ist der Blick Brunckhorsts auf diese Underdogs, doch auch das engagierte Spiel des Ensembles kann über die inszenatorischen Schwächen von "Zwei zu Eins", der eine lockere Sommerkomödie sein will, aber trotz des Handlungsreichtums nie Fahrt aufnimmt, hinwegtäuschen.

 

 

 

Zwei zu Eins Deutschland 2024 Regie: Natja Brunckhorst mit: Sandra Hüller, Max Riemelt, Ronald Zehrfeld, Peter Kurth, Ursula Werner, Martin Brambach Länge: 116 min.



Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen, Kinotheater Madlen in Heerbrugg und Kino Lindau.

TaSKino Feldkirch im Kino GUK: Do 1.8. bis So 4.8.



Trailer zu "Zwei zu Eins"


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